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betr.: "Memorial"

Die sowjetische Geschichtsbewegung „Memorial“ spielt bei der Aufarbeitung der sowjetischen Vergangenheit eine entscheidende Rolle. Sie will dem offiziellen „Antistalinismus von oben“ einen „Antistalinismus von unten“ entgegensetzen und helfen, die „weißen Flecken“, Fälschungen und Auslassungen aufzudecken. Erster Höhepunkt dieser Geschichtsbewegung waren die „Wochen des Gewissens“ im Frühjahr 1987, mit Ausstellungen, Filmen und Konzerten.

Sie fanden großen Zuspruch. Viele Besucher brachten gleich ihre eigenen Dokumente, Briefe und Urteile mit. Unterschriftensammlungen für eine Gedenkstätte für alle Opfer des Stalinismus folgten im Sommer 1988. Die eigentliche Gründungskonferenz fand im Januar 1989 in Moskau statt. Vertreter aus über hundert Städten der Sowjetunion verabschiedeten Programm und Statut, an denen auch der 1989 verstorbene Andrej Sacharaow mitgearbeitet hatte, der vielen Mitgliedern auch heute noch als „geistiger Vater“ von Memorial gilt.

Heute gibt es 214 selbständig arbeitende Gruppen in über hundert Städten. Neben ihrer historischen Arbeit setzen sie sich für ehemals Verfolgte ein und versuchen, auch praktische Unterstützung zu geben.

Jelena Proschina ist Spezialistin für vorrevolutionäre russische Geistesgeschichte, sie hat 20 Jahre lang an der philosophischen Fakultät der Universität Leningrad gelehrt. Seit 1985 hat sie sich in der informellen demokratischen Bewegung engagiert, sie gehört heute dem Leitungsgremium der Organisation „Memorial“ in Leningrad an. Bei den Kommunalwahlen im Frühjahr 1990 wurde sie als Kandidatin von Memorial in den Leningrader Stadtsowjet gewählt. Vor kurzem besuchte sie Berlin.

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