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S C H Ö N E R L E B E N Species Radi Bremensis

■ Der Erobererradler: ein unerforschter Mythos

Gemeinhin gilt der/die Bremer RadfahrerIn als bekannte species: sich tummelnd auf einem der weitgreifendsten Streckennetze Europas neigt er/sie dazu, Fußgänger durch akustische und taktile Angriffe, vornehmlich von hinten, in geschockte Schimpfgänger zu verwandeln. Nach der Eroberung der Rad- und Fußwege, heißt es, seien sie nun zur Vertreibung der AutofahrerInnen aus deren angestammten Jagdgebieten übergegangen. Welchen Verkehrsbürgerkrieg -Interessen diese Wahrnehmungsstrategie entspricht, soll nicht untersucht werden. Nur soviel: Hinter dem „Radfahrer als Eroberer“ verbirgt sich eine rätselhafte, unerforschte species: Radi bremensis.

Das beginnt mit der Berufskleidung. Im Unterschied zum FußgängerIn im Jogger-Beutelpack bevorzugt Radi das Dysfunktionale: lufwiderstandserhöhende schwere Metallohrringe, (Länge: 10 bis 15 cm) zu Hackenpumps und schlitzlos engen Röcken, die zu einwärts kniereibender Fahrweise nötigen, bauchschnürende Außenkorsetts in Stretchrockgestalt, gen Radnarbe schwingende Chiffonschals, die schon der Duse Genick brachen.

Ein anderes: Sofern widrige Ampel den Flug ihrer Reifen stoppt, nie und unter keinen Umständen berührt Radi Bremensis den „Fuß„boden (sic!). So oder anders kommt es zu Rudeln von bis zu 6,5 RadfahrerInnen, die sich mit angewinkelten Armen um ein und denselben haltbietenden Ampelmast wickeln, bis die Fahrt bei Grün fortsetzbar ist, ohne daß Gesäß oder Füße das Rad verlassen hätten.

Entschieden das Merkwürdigste: der/die Radi stirbt lieber, als daß er/sie klingelt. Sie schickt sich in Geduld, die sie nicht hat, sie überholt links auf der Straße oder rechts auf dem sog. Fußweg, als daß er gegen mittwegs vor ihm hinträumende ArtgenossInnen mit der Klingel vorgehen würde. Achten Sie mal drauf. Uta Stoll

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