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Künstliches Blut erprobt

■ In Guatemala läuft, was in den USA nicht laufen darf

Künstliches Blut zirkulierte durch Rudolf Garcia-Gallonts Adern während der Pressekonferenz. Er befinde sich in bestem gesundheitlichen Zustand, versicherte der guatemaltekische Arzt den Anwesenden - Beweis genug, daß sein Experiment erfolgreich sei. Garcia-Gallont hatte sich und zwölf weiteren Freiwilligen einen halben Liter künstliches Blut in die Adern getropft. Noch zwei Wochen später habe man keine negativen Nebenwirkungen registriert. Mit mehr als der eigenen Gesundheit konnte Garcia-Gallont den Erfolg seines Versuchs jedoch nicht beweisen. Wissenschaftliche Daten legte er nicht vor.

Der Versuch findet unter der Regie amerikanischer Wissenschaftler in Guatemala statt. Das Kunstblut, „Hemopure“ genannt, wurde von Carl Rausch, Mitarbeiter des US-Biotechnologie-Konzerns „Biopure“, entwickelt. Es enthält aus Rinderblut gewonnenes Hämoglobin. Der rote Blutfarbstoff Hämoglobin ist für den Sauerstofftransport zwischen Lunge und dem Rest des Körpers verantwortlich und somit der wichtigste Bestandteil des Bluts. Bisher scheiterten Versuche, künstliches Blut zu entwickeln, an der Unstabilität des isolierten Hämoglobinmoleküls. Wie es Rausch gelungen ist, das Molekül zu stabilisieren, bleibt der Wissenschaftswelt ein Rätsel. Als erstaunlich gilt weiterhin, daß das Rinderderivat bei den Versuchspersonen keine Abwehrreaktion hervorruft. „Biopure„-Sprecher Andy Plessor vertröstet interessierte Fachkollegen (und taz -Korrespondenten): „Wir werden Ende des Sommers einige Daten öffentlich machen.“ Auch die US-Zulassungsbehörde für Nahrungs- und Arzneimittel (FDA) würde gerne mehr über den Versuch erfahren. Der Behörde liegt seit einem Jahr ein Antrag von „Biopure“ vor, Menschenversuche mit „Hemopure“ zu genehmigen. Bisher hat die FDA gezaudert. Wohl Grund genug für „Biopures“ Blutersatz-Forscher, sich nach Guatemala zu flüchten. „Dort haben wir die Genehmigung der Regierung erhalten“, erklärt Plessor, und er fügt hinzu: „In Lateinamerika ist das Blutbankensystem sehr unterentwickelt. Der Markt für einen künstlichen Blutersatz ist enorm.“

san

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