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Schalck packt seine Habseligkeiten

■ Der Staatsanwalt kooperiert: Der per Haftbefehl gesuchte Devisenschieber läßt seinen beschlagnahmten persönlichen Besitz aus der DDR holen

Berlin (taz) - Alexander Schalck-Golodkowski, früherer DDR -Staatssekretär, Ex-Stasi-Oberst und Devisenschieber Erich Honeckers, darf einen Teil seiner Reichtümer in die Bundesrepublik holen. Schalck, der unter Obhut des Bundesnachrichtendienstes an unbekanntem Ort in der BRD lebt, wird in der DDR per Haftbefehl gesucht, sein Vermögen ist beschlagnahmt. Dennoch gab die Generalstaatsanwaltschaft der DDR jetzt grünes Licht, „persönliche Gegenstände“ Schalcks in den Westen zu transportieren. Vor dem Landhaus Schalcks, an einem malerischen See etwa 70 Kilometer nördlich von Berlin gelegen, fuhren gestern ein Westberliner LKW und mehrere Privatwagen vor. Der zuständige Kreisstaatsanwalt hatte nach bloßer telefonischer Anweisung die Versiegelung des Seegrundstückes sowie des Hauses eigenhändig aufgebrochen, Helfer und Vertraute Schalcks luden zahlreiche Möbel und Akten ein. Welche Gegenstände als „persönlich“ definiert werden, wußte die Generalstaatsanwaltschaft nicht.

Die Bürgermeisterin des zu dem Seegrundstück gehörenden Ortes Gollin, Renate Hasse, berichtete der taz von teuren West-Möbeln, mit denen das luxuriöse Landhaus eingerichtet sei. Im Untergeschoß befänden sich Panzerschränke. Der Umzug sollte bereits in der letzten Woche über die Bühne gehen, doch Schalck wartete erst den vollständigen Abbau der Grenzkontrollen am 1.Juli ab. Sein „Besitz“ soll zunächst in einem Westberliner Möbellager zwischengelagert und später weitertransportiert werden.

Die DDR-Justiz fahndet nach Schalck, weil er hohe Millionenbeträge ins Ausland transferiert, die SED-Spitze mit Luxusgütern in großem Stil versorgt und sich ebenfalls großzügig am „sozialistischen Volkseigentum“ vergriffen habe. Die BRD liefert Schalck jedoch nicht aus und hofft, von seinen intimen Kenntnissen des alten DDR-Apparates zu profitieren. Und: Unbehelligt von der Strafverfolgung könnte Schalck daran festhalten, über so manche Finanz-Deals zwischen der alten DDR und BRD-Politikern zu schweigen.SEITE

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