: Zahl der Arbeitslosen in der DDR verdoppelt
■ Bundesanstalt für Arbeit: In der BRD nur leichter Rückgang
Nürnberg (ap) - Der Abbau der Arbeitslosigkeit hat im Juni deutlich an Schwung eingebüßt. Wie die Bundesanstalt für Arbeit am Mittwoch in Nürnberg mitteilte, ging die Erwerbslosenzahl nur noch um 15.400 auf 1.808.000 zurück. Präsident Heinrich Franke sprach von einem besonders frühen Beginn der Sommerpause. In der DDR stieg die Zahl der Arbeitslosen um 50 Prozent auf den neuen Rekord von 142.000.
Im Verhältnis zur Gesamtzahl der dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Menschen sind damit in der DDR aber nur 1,6 Prozent als arbeitslos registriert. In der Bundesrepublik ermäßigte sich die Quote von 7,0 auf 6,9 Prozent. Die Zahl der offenen Stellen erhöhte sich im Juni nur noch leicht um 2.200 auf 336.935. Der Rückgang der Kurzarbeit setzte sich unverändert fort, die Zahl der von ihr betroffenen Beschäftigten verringerte sich um 6.150 auf 38.200 und erreichte damit den niedrigsten Stand in einem Juni seit 1973.
„Trotz der anhaltenden konjunkturellen Auftriebskräfte“ sei der Rückgang der Arbeitslosigkeit nicht so stark gewesen wie in den vorangegangenen Monaten, sagte Franke. Zudem sei das Angebot an Arbeitskräften durch Aus- und Übersiedler weiter kräftig gewachsen. Im Mai waren nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts mit 28,2 Millionen Erwerbstätigen 600.000 Menschen mehr beschäftigt als im gleichen Vorjahresmonat.
Wie die Zentrale Arbeitsverwaltung der DDR ebenfalls am Mittwoch in Ost-Berlin mitteilte, verringerte sich das Angebot an offenen Stellen zwischen Elbe und Oder um 12.900 oder 23,8 Prozent auf 41.400. Besonders stark nahm der Anteil arbeitsloser Frauen, aber auch die Erwerbslosigkeit von Facharbeitern und Jugendlichen zu. Ende Juni erhielten 87.300 Menschen in der DDR Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Franke sagte, die Arbeitslosenzahl in der DDR werde zwar in den nächsten Monaten weiter steigen. Nach Überwindung der „Übergangsschwierigkeiten“ sei dann aber ein Beschäftigungsboom zu erwarten.
In der Bundesrepublik zählten die Arbeitsämter Ende Juni 90.400 arbeitslose Übersiedler, 9.900 weniger als im Mai. Dagegen nahm die Zahl der arbeitslosen Aussiedler um 10.000 auf 144.600 zu. Die Zuwanderer stellen auch einen großen Anteil unter den knapp 360.000 Beschäftigten, die sich Ende Juni an Programmen zur beruflichen Weiterbildung beteiligten - deren Zahl war um 30.000 oder neun Prozent höher als ein Jahr zuvor. In Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, also auf sogenannten ABM-Stellen, befinden sich 85.200 zuvor arbeitslos gewesene Menschen, 14.300 oder 14 Prozent weniger als Ende Juni 1989.
Von Januar bis einschließlich Juni waren durchschnittlich 2,004 Millionen Menschen arbeitslos. Für das Gesamtjahr erwartet Franke einen Schnitt von unter zwei Millionen.
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