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Der Rettungspilot von Tschernobyl ist tot

■ Auch eine Knochenmarktransplantation konnte Anatoli Grischtschenko nicht mehr retten

Seattle (ap/taz) - Anatoli Grischtschenko, der vor vier Jahren über dem explodierten Atomreaktor von Tschernobyl als Hubschrauberpilot eingesetzt war und später zum „Helden der Sowjetunion“ ernannt wurde, ist nach Angaben des Fred -Hutchinson-Krebsforschungsinstituts in Seattle in der Nacht zum Dienstag an den Folgen seiner Strahlenkrankheit gestorben. Er wurde 53 Jahre alt.

Grischtschenko war das erste Tschernobylopfer, das in den Vereinigten Staaten behandelt worden war. Er litt an leukämieartigen Erkrankungen, die von der starken Strahlung des zerstörten Atomkraftwerkes hervorgerufen worden war. Grischtschenko mußte mit seinem Hubschrauber direkt in die aufsteigende radioaktive Wolke hineinfliegen, um tonnenweise Bor-, Zement- und Sandmassen auf den strahlenden Trümmerhaufen zu werfen. In den ersten Tagen nach der Katastrophe hat er fünf Einsätze geflogen.

Am 11.April dieses Jahres war der strahlenkranke Pilot für eine Knochenmarksverpflanzung nach Seattle gekommen. Nach einer Chemotherapie und Strahlenbehandlung, bei der sein eigenes Knochenmark abgetötet werden mußte, wurde ihm die Knochenmarksspende einer Französin zunächst ohne Komplikationen übertragen. Doch Mitte Juni verschlechterte sich sein Zustand. Eine Antibiotikabehandlung für seine aus der Sowjetunion mitgebrachte Lungenentzündung schlug fehl. Durch die Knochenmarksverpflanzung hatte er seine Immunität verloren. Sie sollte zurückkehren, wenn die Verpflanzung angeschlagen habe. Doch diesen Zustand erlebte der Pilot von Tschernobyl nicht mehr.

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