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Charlottenburger Kicker stehen im Abseits

■ Schon genehmigtes Sanierungsverfahren für zwei Sportanlagen wurde gestoppt / Elterninitiative befürchtet Verlust bereits genehmigter Gelder / Der Fall wird am nächsten Montag auf die Tagesordnung des Beschwerdeausschusses gesetzt

Charlottenburg. Es ist schon fast tragisch, daß 600 Charlottenburger Kicker nach der Sommerpause keine Gelegenheit haben sollen, dem Vorbild ihrer Meister in Italien nachzueifern: Kein gekonntes Dribbling a la Diego Maradona, keine Schwalbe nach dem Vorbild von Caniggia, kein kunstvoller Übersteiger made of Guido Buchwald. Entgegen den Versprechungen der Charlottenburger Bezirksbürgermeisterin Monika Wissel wurde mit den Sanierungsmaßnahmen der seit eineinhalb Jahren unbespielbaren Sportanlage Fritschestraße noch immer nicht begonnen. Gleichzeitig verzögert sich die geplante Verlegung eines Kunststoffrasens auf dem Sportplatz Brahestraße: Statt noch vor der Sommerpause mit den Baumaßnahmen zu beginnen, verschleppt sich das Vorhaben vermutlich noch bis in den September.

Hertha 06 und der mit 24 Mannschaften größte Charlottenburger Fußballverein FC Brandenburg 03 können sich jetzt wenigstens fühlen wie das große Vorbild Schillaci

-zwar hochmotiviert, aber ständig im Abseits. Dabei war eigentlich alles ganz prima geplant: Ab Herbst 1989 sollte der Sportplatz Fritschestraße saniert werden und im April diesen Jahres samt neuem Umkleidegebäude einschließlich Jugendraum zur Verfügung stehen. Dorthin hätten beide Vereine überwechseln können, während auf dem Fußballplatz in der Brahestraße nach dreizehn Jahren endlich ein neuer Kunststoffrasen ausgerollt worden wäre. Jetzt jedoch ist erst mal keiner der beiden Plätze für die Stollen der Spieler geeignet. Die Folge: Bis die Fritschestraße - nicht vor Herbst 1991 - wiederhergestellt ist, müssen sich die Mannschaften auf andere Spielstätten verstreuen.

Dabei hatte die zuständige Senatsverwaltung im letzten Herbst für beide Sanierungsvorhaben bereits ihr Okay gegeben. Selbst die Mittel waren bewilligt: eine Million für die Brahestraße, 3,5 Millionen sollten die Baumaßnahmen in der Fritschestraße kosten. Im Rahmen des Sportanlagensanierungsprogrammes übernimmt der Senat zwei Drittel der Kosten, lediglich ein Drittel ist vom Bezirk zu tragen. Gescheitert ist das Vorhaben an den Vorgaben eines neu zu erstellenden Bebauungsplans: Bevor nicht die umliegenden Bewohner dazu gehört wurden, kann mit dem Bau der Umkleidekabine in der Fritschestraße nicht begonnen werden. Den Sportplatz vorab zu sanieren, wäre zwar dennoch möglich gewesen, hätte nach Angaben des Baustadtrats Dychhoff (SPD) aber Mehrkosten in Höhe von 100.000 D-Mark verschlungen. Der Kunststoffrasen in der Brahestraße, der ob seiner Umweltverträglichkeit zunächst zu Irritationen innerhalb der AL und aufgrund dessen zur Verschleppung des Bauvorhabens führte, wird nun doch erneuert - aus organisatorischen Gründen jedoch nicht vorm Spätherbst.

Kommenden Montag wird der Fall im Charlottenburger Beschwerdeausschuß behandelt und ist im September sogar Thema im Sportausschuß des Abgeordnetenhauses.

Die ungerechtfertigte rote Karte bleibt den Spielern jedoch erhalten. Laut Sportstadtrat Rabbach (CDU) werden vor allem die Jugendlichen unter ihnen immer unruhiger - sie haben damit gerechnet, daß die Zusagen, die gemacht wurden, auch eingehalten werden. Für Jürgen Boch von der dazugehörenden Elterninitiative ist das alles nur noch unverständlich: „Da quatschen die immer vom Sinn der Vereine und daß man dadurch Streetworker und Sozialarbeiter spart und kommen trotzdem nicht in die Gänge!“

maz

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