: AbtreibungsgegnerInnen werden in der DDR aktiv
Berlin (taz) - Die Stimmen radikaler AbtreibungsgegnerInnen werden nun auch in der DDR laut. Gestern gaben zwei Initiativen aus dem Raum Dresden bei der DDR -Familienministerin, Christa Schmidt, in Ost-Berlin rund 21.000 Unterschriften ab, die sie für ihren „Aufruf für das ungeborene Leben“ gesammelt hatten. Die UnterzeichnerInnen, nach eigener Darstellung „Katholiken der DDR, welche sich generell gegen die Abtreibungspolitik der DDR und der BRD aussprechen“, fordern nicht nur die Abschaffung der DDR -Fristenregelung, sondern auch eine Verschärfung des § 218: „Eine konkretere Fassung der Indikationen und eine bessere Kontrolle der Beratungspflicht.“ Väter und Ärzte müßten „ein stärkeres Widerspruchsrecht“ haben, verlangen die Mitglieder der „Kaleb„-Gruppe „Stimme für die Ungeborenen“. In ihrem Aufruf heißt es: „Seit dem 9. März 1972 sind allein in der DDR ca. 1,5 Millionen Ungeborene abgetrieben worden - im Mutterleib zerschnitten, zerquetscht, vom Sog lebendig zerrissen.“ Entsprechend blutiges Anschauungsmaterial hat sich die Dresdener Gruppe bei der Augsburger „Aktion Lebensrecht für Alle“ besorgt und verschickt es seit geraumer Zeit in der Republik.
Böse Worte fanden die AbtreibungsgegnerInnen auch für die CDU-Familienministerin, die Anfang Mai die Bevölkerung aufgefordert hatte, sie in ihren Bemühungen um die Beibehaltung der Fristenlösung zu unterstützen. Frauenverbände und andere politische Gruppen hatten diesen Aufruf unterstützt. Bis heute sind bereits rund 100.000 Unterschriften von BefürworterInnen im Familienministerium eingegangen.
Die „Stimme für die Ungeborenen“ schrieb an Christa Schmidt: „Es ist uns unverständlich, wie Sie als CDU -Politikerin diese Strömungen unterstützen können, es ist uns unverständlich, daß Teile der DDR-CDU ähnlich denken. Mit dieser Haltung fallen Sie den CDU-Politikern ... der BRD böse in den Rücken.“
uhe
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen