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Der Amokläufer und das Kino

■ Peter Bogdanovichs Debütfilm „Bewegliche Ziele“ um 23.05 Uhr auf Pro 7

Wie weiland Francis Ford Coppola, Martin Scorsese, Jack Nicholson, Monte Hellman, Paul Bartels und viele andere gehörte auch Peter Bogdanovich zu den von Roger Corman geförderten Talenten. 1968 ermöglichte der ungekrönte B -Filmkönig dem damals 29jährigen Ex-Filmkritiker Bogdanovich, seinen ersten Film zu drehen, nachdem der Newcomer dem Meister zunächst bei The Wild Angels als Regieassistent hatte zur Hand gehen dürfen.

Bewegliche Ziele (Targets) ist ein intellektueller, anspielungsreicher Thriller und zugleich eine Hommage an den großen alten Mimen des klassischen Horrorfilms, Boris Karloff. Karloff spielt quasi sich selbst, ein gealtertes Schreckgespenst, ein Relikt aus den Tagen des vergleichsweise harmlosen Leinwandgrusels, das sich aus dem Filmgeschäft zurückziehen möchte. Eine letzte Premiere steht noch an für Byron Orlok (ein unschwer zu entschlüsselndes Anagramm); in einem Autokino soll sein letzter Film The Terror (ein tatsächlich existierender Film aus der Corman -Factory mit einem jugendlichen Jack Nicholson in einer der Hauptrollen) Premiere haben. Zuvor erhält er Besuch von dem jungen Filmregisseur Sammy Michaels (gespielt von Bogdanovich persönlich), der den legendären Schauspieler zu weiteren Filmen überreden möchte. Parallel zu diesem Erzählstrang entwirft Bogdanovich das Bild eines psychopathischen Waffenfanatikers und späteren Killers. In jenem Autokino kreuzen sich schließlich die Wege des Amokläufers und des Altstars; der romantische Spinnwebenhorror aus Hollywoods B-Filmstudios trifft auf den sehr realen Horror der US-amerikanischen Großstädte.

Natürlich war auch dieser Film eine Low-Budget-Produktion. Inszenierung und Story hatten den ökonomischen Gegebenheiten zu folgen, die beispielsweise darin bestanden, daß der Star des Films, Boris Karloff, nur für zwei Drehtage, die er Corman aufgrund eines früheren Vertrages noch schuldete, zur Verfügung stand. Ihn für einen längeren Zeitraum neu zu verpflichten, kam für Corman gar nicht in Frage. Mit 130.000 Dollar mußte sich Bogdanovich bescheiden, und der Betrag reichte ihm, um einen atemberaubenden Debütfilm hinzulegen, den (nicht nur) Ronald M. Hahn und Volker Janssen zu den jüngeren Kultfilmen zählen (vgl. Kultfilme, München, 1985).

Harald Keller

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