: 8.000 Kilometer von Bergen nach Budapest
„Take a bike to Ecotopia - take a car to hell!“, lautet das Motto einer 4.000 km langen Fahrradtour von Norwegen nach Ungarn. 50 Mitglieder der „European Youth Forest Action“ (EYFA), einem Netzwerk von 372 Jugend- und Umweltschutzorganisationen aus Ost- und Westeuropa mit insgesamt 18 Millionen Mitgliedern, treten 11 Wochen lang in die Pedale, um für das Fahrrad als Alternative zu werben und das Auto zur Hölle zu schicken. Der 20jährige Germanistik -Student Hanno Pichl aus Berlin will mit seinen 50 RadlerkollegInnen aus Norwegen, Schweden, Dänemark, DDR, BRD, Estland, Lettland, Litauen, Holland, Frankreich, Schweiz und der CSFR zeigen, daß mit dem umweltfeundlichsten Verkehrsmittel auch Entfernungen von 4.000 km zu bewältigen sind - ohne daß einem dabei der Spaß vergeht.
Am 16. Mai startete Pichl in Bergen, am 2. August will er im Zeltlager „Ecotopia“ südlich von Budapest ankommen. Dort soll dann drei Wochen lang ökologisches Leben in Reinkultur praktiziert werden. Bis dahin haben die RadlerInnen dann zahlreiche Aktionen organisiert: Zusammen mit vor Ort arbeitenden Umweltgruppen demonstrierten sie gegen den umweltzerstörenden Massentourismus und für den Vorrang von öffentlichen Verkehrsmitteln sowie für schärfere Abgasbestimmungen.
So demonstrierten sie in Göteborg für eine autofreie Stadt, in Malmö gegen die Öresund-Brücke, die eine durchgehende Autobahn von Hamburg bis Oslo ermöglichen soll und in Lauf (bei Nürnberg) gegen eine geplante Umgehungsstraße. In Eisfeld (DDR) störten sie den reibungslosen Ablauf des ersten DM-Einkaufstags, indem sie die Westwaren von ihrem Verpackungsmüll befreiten.
Global denken und lokal handeln, nennt der 20jährige Zivildienstleistende Klaus Zehrer aus Radolfszell das Vorgehen der EYFA-Gruppe. Er sitzt seit Erfurt mit im Sattel und will bis Passau mitradeln. Um auch Jugendlichen aus dem Osten die Teilnahme zu ermöglichen, betont Zehrer, gebe es eine eigene ECO-Währung, d.h. Die Kaufkraft des jeweiligen Landes wird bei der Bezahlung der Unkosten berücksichtigt. Ein „sozialer Umtauschkurs wird praktiziert, bei dem die RadlerInnen aus den reichen Länder die armen mitfinanzieren. Den Rest zahlen die örtlichen Initiativen, das Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit und die EG. Im nächsten Jahr soll der Startschuß für die RadlerInnen in Berlin fallen.“
Ecotopia 1991 wird dann in Estland liegen.
Bernd Siegler
NR. 10
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