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Asylbewerber dürfen im Wohngebiet bleiben

Stuttgart (taz) - Die Belegung von Wohnungen mit Asylbewerbern in „reinen Wohngebieten ist zulässig“. Der baden-württembergische Verwaltungsgerichshof in Mannheim wies eine Klage von Anwohnern in Stuttgart-Riedenberg ab, die gegen die Unterbringung von 45 Asylbewerbern in sechs Wohnungen eines Neubaus der Stuttgarter Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft vor Gericht gezogen waren. Den 14 Nachbarn ist es damit auch in der zweiten Instanz nicht gelungen, die Flüchtlinge aus ihrem Wohnviertel zu vertreiben. Nach genauer Prüfung und einer Ortsbesichtigung entschied nun das Gericht, daß es sich bei dem Stuttgarter Objekt mit Zwei- und Dreizimmerwohnungen um ein Wohngebäude handle, was auch die Zuweisung an kinderreiche Familien belege. Die Anzahl der Bewohner, so die Richter, sei kein Maßstab für die Abgrenzung eines Wohnobjekts von einer „sozialen“ Einrichtung - wie etwa einem Asylantenwohnheim, das in einem reinen Wohngebiet allerdings nicht zulässig sei. In einer vorläufigen Eilentscheidung hatte dasselbe Gericht vor einem Jahr den Einzug der Asylbewerber mit der Begründung untersagt, die räumliche Enge und die Lebensumstände erlaubten kein „Wohnen“. Ausschlaggebend für die jetzige Gerichtsentscheidung war die Tatsache, daß die Flüchtlinge im Sinn der Baunutzungsverordnung dort „wohnen“ und ihren Lebensmittelpunkt haben. Durch Arbeitsverbot und räumliche Aufenthaltsbeschränkung müßten die Flüchtlinge zwangsläufig die meiste Zeit in ihrer Unterkunft zubringen, heißt es in der Begründung.

Einwände der Kläger, die auf eine Bewahrung des bestehenden sozialen Milieus und Bedenken gegen die gebotene Rücksichtnahme in der Nachbarschaft hinausliefen, wurden bei der Entscheidung nicht berücksichtigt. Derartige Bedenken würden letztlich auf einen „Milieuschutz“ hinauslaufen, der im Bauplanungsrecht nicht vorgesehen sei. Das Gerangel um die Unterbringung von Asylbewerbern ist dennoch nicht endgültig entschieden: Die Kläger haben Revison beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt.

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