: Rechtloser Zustand in Bassum
■ Bremer Gutachter Axel Adamietz hält Machterhaltungs-Trick der Rats-SPD für rechtswidrig
Bassum wird seit dem 3. Mai rechtswidrig regiert. Zu diesem Ergebnis jedenfalls kommt der Bremer Anwalt Axel Adamietz in einem Rechtsgutachten, das die Grünen im Rat des südoldenburger Städtchens in Auftrag gegeben haben.
Zur Vorgeschichte: Im März hatte der CDU-Austritt des Ratsherrn Gerhard Schlung die langjährige Machtverteilung in Bassum durcheinandergebracht (vgl. taz vom 5.5.90). Zwar blieb die Mehrheit nach wie vor bei der CDU, doch als Schlung zusammen mit der einzigen grünen Ratsfrau Renate Ziegler eine „Technische Gruppe“ bildete, da hätte die SPD -Fraktion in allen sieben Ratsausschüssen eines ihrer vier Mandate an die neue Gruppe abgeben müssen.
Wollte sie aber nicht. Und deshalb löste die SPD-Fraktion sich auf und gründete auch zwei je sechsköpfige „Technische Gruppen“. Die hatten - weil mehr als
doppelt so groß wie die zweiköpfige grüne Gruppe - Anspruch auf je zwei Ausschußmandate, zusammen also die gewohnten vier. Der Rat segnete die trickreiche Trennung am 3. Mai mit den Stimmen von SPD und CDU ab, die Besetzung aller Ausschüsse blieb unverändert.
Zwar hatten sich die beiden SPD-Gruppen anschließend wiederum zu einer „Arbeitsgemeinschaft“ verbunden und wurden nach außen auch weiterhin von einem einzigen Sprecher namens Manfred Krause vertreten, aber mit dem Teilungstrick hatte die Bassumer SPD die Teilung ihrer Macht verhindert.
Das allerdings, so hat es der Verwaltungsjurist Adamietz nun in seinem ausführlichen Rechtsgutachten nachgewiesen, widersprach wenn nicht dem Buchstaben, so doch zumindest dem Sinn der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO). Denn schließlich könnte nun auch die CDU
Fraktion auf die Idee kommen, sich in vier „Technische Gruppen“ aufzulösen - mit dem Erfolg, daß sie dann der SPD je ein Ausschußmandat abnehmen würde. Die Ausschüsse sollten aber ein möglichst korrektes Abbild der Mehrheitsverhältnisse im gesamten Rat darstellen und keine Rechenaufgabe für Trickspieler.
So ist es auch im Kommentar zur NGO nachzulesen, der jedem Gemeindedirektor zur Verfügung steht. „Ebensowenig können sich Fraktionen wiederum in selbständige Fraktionen aufspalten, ohne daß die Parteizugehörigkeit gewechselt oder beendet wird“, heißt es dort knapp und klar zu einem Fall, in dem ein SPD-Ratsmitglied zwar Parteimitglied bleiben wollte, die Fraktion aber verließ.
Einen „Rechtsmißbrauch“ habe der Bassumer Rat mit seiner Bestätigung der SPD-Aufspaltung in zwei Technische Gruppen begangen, argumentiert Ada
mietz und rät den trickreichen Genossen nun, so schnell wie möglich ihre alte Fraktion wieder herzustellen und je ein Ausschußmandat für die grüne Gruppe freizumachen. Ansonsten könnten sie am Ende ganz ohne Ausschußsitze dastehen, denn wenn die Kommunalaufsicht Adamietz Rechtsposition folgt, ist zwar die Spaltung der SPD-Fraktion möglich, die Gruppenbildung aber nicht - Folge: alle Bassumer SPD -Ratsherren und -Frauen wären künftig nur noch Einzelabgeordnete ohne Anrecht auf Sitz und Stimme in den Ratsausschüssen.
Für den Fall, daß sich der Bassumer Gemeindedirektor und die Kommunalaufsicht in Hannover nicht von Adamietz Argumenten überzeugen lassen, haben die Grünen gestern eine Klage vor dem Verwaltungsgericht angekündigt. Die Kosten dafür hätte dann in jedem Fall die Gemeinde zu tragen.
Ase
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