Ein dunkler Tag für Louisianas Frauen

■ In dem südlichen US-Bundesstaat verabschiedet der Kongreß das restriktivste Abtreibungsgesetz der USA / Ärzte kriminalisiert

Baton Rouge/Berlin (taz) - Der US-Bundesstaat Louisiana kann sich rühmen, das restriktivste Abtreibungsgesetz der USA zu haben. Es blitzte und donnerte Sonntag abend, als das Parlament nach einem Veto von Gouverneur Buddy Roemer, einem Demokraten, mit einer Neu-Abstimmung an der fehlenden Zweidrittelmehrheit im Senat scheiterte. Und es goß in Strömen, als das Parlament mit 83 zu 22 im Repräsentantenhaus und mit 32 zu 7 kurze Zeit später eine leicht geänderte Version der ursprünglichen Fassung verabschiedete, um das Gesetz in der gestern zu Ende gegangenen Legislaturperiode 1990 doch unter Dach und Fach zu bringen. Sollte Gouverneur Roemer das Gesetz unterschreiben, was er gestern schon signalisierte, dann ist nun Schwangerschaftsabbruch in Fällen von Vergewaltigung und Inzest erlaubt, was in der ersten Gesetzesfassung noch ausgeschlossen war. Diese sah eine Abtreibung nur dann vor, wenn das Leben der Schwangeren akut gefährdet war. Das Gesetz hat besonders durch eine Kriminalisierung der Ärzte ungeahnte Untiefen. Während Frauen straffrei ausgehen sollen, müssen Ärzte in Louisiana, wo es bisher jährlich ungefähr 15.000 legal durchgeführte Abtreibungen gab, nun mit zehn Jahren Haft und 100.000 Dollar Strafe rechnen, wenn sie gegen die Bestimmungen verstoßen.

„Wir haben gerade miterlebt, wie unsere Abgeordneten vom restriktivsten zum absurdesten Gesetz der Staaten übergegangen sind“, kommentierte Terri Bartlett, Mitarbeiterin der Familienberatungsstelle „Planned Parenthood“. Sie meinte damit das Prozedere der Parlamentarier, die die Abtreibungsverschärfung in Form eines Zusatzes (amendment) ausgerechnet zu einem Gesetz über die Achtung der US-Flagge im Kongreß einbrachten.

Seit der mehrheitlich konservative Oberste Gerichtshof in Washington im Juli vergangenen Jahres die bis dato beispiellos liberale Abtreibungsgesetzgebung der USA (Abtreibungsfreiheit seit dem Grundsatzurteil „Roe gegen Wade“ 1973) einschränkte, stehen nun in konservativen US -Bundesstaaten die Zeichen auf Sturm, wird die Abtreibungsfrage zu einem „Vietnam der Neunziger“, einem „Krieg gegen Frauen“ und spaltet die Nation, wie die Sprecherin der größten nationalen Frauenorganisation NOW, Molly Yard, zu Recht prophezeite. Die OG-RichterInnen hatten zwar Abtreibung nicht grundsätzlich verboten, doch konservativen Staaten die Möglichkeit strikterer Einzelregelungen gegeben. Ein Dutzend Bundesstaaten wie Florida waren sofort in die Offensive gegangen, jedoch an der noch fehlenden Mehrheit der US-Bevölkerung gescheitert, die weiterhin mit über 50 Prozent für Abtreibungsfreiheit ist.

In Louisiana ticken die Uhren offenbar anders. Dort waren auch vor dem Parlament die „Pro-Lifer“ in der Überzahl. Sie saßen abends vor dem Capitol, beteten, sangen und hielten Schilder mit „überstimmen“ in die Höhe. Abtreibungsgegner nehmen denn auch kein Blatt vor den Mund und wollen ein neues Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs erzwingen.

Doch auch VertreterInnen des Rechts auf Abtreibung gehen in die Offensive. Die „National Organization for Women“ (NOW) hat auf ihrer jüngsten Jahresversammlung in San Francisco Anfang Juli Frauenfeinden den Kampf angesagt. Ein Indikator, der hoffen läßt: Nach Jahren der Stagnation steigen die Mitgliederzahlen der Frauenorganisation, die sich sogar überlegt, als dritte Partei zu starten.

Andrea Seibel