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Die Bauwirtschaft braucht Geld

■ 60 bis 70 Millionen D-Mark sind mittelfristig notwendig, um die Bauwirtschaft in Schwung zu bringen / Ausbau der Infrastruktur hat Priorität / Unterstützung der Bundesrepublik erforderlich

Berlin (lbn/vwd) - Das erforderliche Bauvolumen in der DDR wird vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) auf mittlerer Frist mit 60 bis 70 Milliarden DM jährlich oder 60 bis 80 Prozent mehr als 1989 veranschlagt. In dieser Schätzung sind der Wohnungsbau, der Wirtschaftsbau und die überregionalen Infrastrukturmaßnahmen eingeschlossen.

Um die Bauwirtschaft, ein Schlüsselbereich für die Belebung der DDR-Wirtschaft, in Schwung zu bringen, sei es unbedingt notwendig, den Ausbau der Infrastruktur mit Priorität anzugehen. Ansonsten könnten die dringlichen Maßnahmen im Wirtschafts- und im Wohnungsbau vielfach nicht realisiert werden.

Da die Neuordnung der Gebietskörperschaften und der Aufbau von Länder- und Gemeindehaushalten einige Zeit in Anspruch nehme und die Steuereinahmen nicht so rasch fließen würden, bezeichnet es das DIW im jüngsten Wochenbericht als unerläßlich, für einige Jahre ein spezielles Programm zur Förderung der Infrastruktur mit starker Unterstützung aus der Bundesrepublik aufzulegen.

Zusätzliche kaum verkraftbare Schwierigkeiten bürde den Kommunen die beabsichtigte Übertragung des volkseigenen Wohnungsbestandes an die Gemeinden auf, da Subventionen in der bisherigen Größenordnung nicht gezahlt werden könnten. Sie müßten zusätzliche Lasten tragen, die sie nur durch Mietsteigerungen oder Verkäufe von Wohnungen abwälzen könnten.

Den Gemeinden würden nämlich mit den drei Millionen Wohnungen auch die Sanierungsprobleme, die Kosten der Altkredite und die noch lange anhaltende Finanzlücke infolge nicht kostendeckender Mieten übertragen. Diese Kosten von jährlich etwa 15 Millionen DM werden bislang noch aus dem Staatshaushalt ausgeglichen. Es sei nicht abzusehen, wie dieser Betrag in nächster Zeit auf ein Niveau zurückgeführt werden könne, das etwa der Förderungsintensität in der Bundesrepublik entspräche.

Finanzpolitische Erwägungen sprächen dafür, daß mit der Zeit Teile des Bestandes an Wohngebäuden sowie des volkseigenen Grund und Bodens auf neue Investoren übertragen würden. Ferner erfordere die Angleichung der Wirtschaftsordnungen, daß Verkehrsbeschränkungen für den privaten Haus- und Grundbesitz beiseitigt würden.

Als erster Schritt wäre es ratsam, meint das DIW, die großen Gebäudeverwaltungen in kleinere Einheiten aufzuspalten, die zunächst als Treuhänder fungieren.

Dann sollte als zweiter Schritt zu einem funktionierenden Immobilienmarkt eine eigenverantwortliche Wohnungswirtschaft geschaffen werden. Damit neue Eigentümer den Kaufpreis und die Instandsetzung mit Krediten finanzieren könnten, müßten staatliche Hilfen angeboten werden, die sich nicht allein auf Bürgschaften beschränkten. Es scheine erforderlich, die Altkredite aus dem Weg zu schaffen. Das könne so geschehen, daß sie in öffentliche Darlehen umgewandelt und auf eine Sonderinstitution bei der Treuhandanstalt übertragen würden.

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