: Die Presse
DIE ANDEREN
betr.: Problematik eines geeinten Deuschlands
Erfolg macht unbeliebt, Mißerfolg frustriert. Das empfinden derzeit nicht nur britische Politiker so: Das wiedervereinigte Deutschland nimmt nach den USA und Japan in der Statistik der volkreichsten westlichen Industriestaaten die dritte Stelle ein; Italien, Großbritannien und Frankreich folgen erst mit weitem Abstand. Die D-Mark ist unbestritten die Nummer eins unter den Weltwährungen. Die Wirtschaftsunion mit der DDR ist mit deutscher Perfektion binnen weniger Monate durchgezogen worden.
Und all diese Erfolge (...) werden von den Deutschen mit unverhohlenem Stolz in die Welt hinausposaunt. Beliebt macht man sich damit nicht. Da muß es zu Ressentiments kommen.
Ob freilich gerade die Briten - einst als keineswegs zimperliche Kolonialherren bekannt - dazu prädestiniert sind, den Deutschen Rechthaberei und Aggressivität vorzuwerfen, ist doch ernsthaft anzuzweifeln. Verbale Kraftmeierei steht weder der einen noch der anderen Seite gut an. Aber es hieße wahrscheinlich, menschliche Größe überzustrapazieren, forderte man die Briten und alle anderen westlichen Nationen auf, den 'bösen‘ Deutschen zu ihren Erfolgen zu gratulieren und bei der Neuordnung Europas und des gesamten internationalen Machtgefüges an einem Strang zu ziehen.
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