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Das arktische Eis schmilzt rasant

■ Polarinstitut in Oslo legt aufsehenerregende Arbeit vor Treibhauseffekt wird als Ursache vermutet

Oslo (dpa/taz) - Norwegische Wissenschaftler haben die Eismengen in der arktischen Barents-See unterhalb des Nordpols gemessen und liefern neuen Zündstoff für die Klima -Debatte. Die Eismenge in der Barents-See, so wurde in einem Projekt des Polarinstitutes Oslo ermittelt, hat sich in den letzten 20 Jahre um drei Viertel reduziert - ein Tempo, das die Forscher „dramatisch“ nennen.

„Wir wissen aber noch nicht genug, um mit Sicherheit sagen zu können, ob hier der Treibhauseffekt oder natürliche Schwingungen die Ursache sind, kommentierte Projektleiter Torgny Vinje das alte wissenschaftliche Dilemma der Klima -Diskussion.

Seit 1975 werfen die Polarforscher regelmäßig mit Elektronik gespickte Bojen per Fallschirm auf die Eisberge der Barents-See ab, die anschließend über Satellit Daten zu Bewegungen, Luftdruck und Temperatur aus den Eismassen senden. Zusammen mit den Messungen anderer Forscher und älteren Berichten über Vorkommen, Bewegung und Umfang des Eises wurden diese Daten ausgewertet.

Die Ergebnisse sind eindeutig: Seit mindestens 90 Jahren geht der Umfang des Eises immer weiter zurück. Aber vor allem in den letzten zwei Jahren hat sich diese Reduzierung erheblich beschleunigt. Als Beispiel nennt Vinje die Tatsache, daß im 19. Jahrhundert große Mengen Treibeis direkt vor der nordnorwegischen Küste der Finnmark vorzufinden waren. „Heute völlig undenkbar“, meint der Eisforscher.

Aber auch da, wo die Eisberge schwimmen, sind sie längst nicht mehr dieselben. Wenn die winterliche Frostzeit der Polarregion im April zu Ende geht, ist zwar auf den ersten Blick noch genauso viel Eis sichtbar wie vor 20 Jahren. Im August aber, zum Abschluß der Schmelzperiode, hat sich die Menge auf ein Viertel gegenüber den Eismassen vor zwei Jahrzehnten reduziert. Für die Polarforscher gibt es zwei Erklärungen für dieses schnelle Abnahme der Eismassen von April bis August: Entweder ist das Eis im Vergleich zu früheren Jahrzehnten sehr viel dünner geworden, oder es schmilzt einfach schneller. In beiden Fällen könnte die intensivere Sonnenstrahlung im Treibhaus Erde die Ursache sein.

„Zeitmäßig fällt der Beginn dieser Veränderungen deutlich zusammen mit der Beginn der umfassenden Verbrennung von Kohle in der Industrie,“ meint Venje, also mit dem Anstieg von Kohlendioxid in der Atmosphäre. Noch breitere Meßprogramme in der gesamten Arktis sollen in den nächsten Jahren die vermutete Ursache Treibhauseffekt erhärten.

Schon jetzt sicher ist dagegen, daß die Verminderung des Eises schon in sich ein Klimaproblem ersten Ranges ist, weil es gewaltige Auswirkugen für die Polarregion hat.

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