Später Hunger kann gefährlich werden

■ Messerstiche nach Küchenschluß: 2,5 Jahre

Wegen gefährlicher Körperverletzung ist am Mittwoch der 36jährige Wolfgang A. von der II. Großen Strafkammer des Landgerichts zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt worden. Der 36jährige hatte am 29. November vergangenen Jahres in dem Männerwohnheim „Herberge zur Heimat“ in Bremerhaven einen Betreuer mit einem Brotmesser angegriffen. Mit einem acht Zentimeter langen und fast vier Zentimeter tiefen Schnitt in den Hals verfehlte er dabei nur knapp die Halsschlagader.

Zu dem Kampf war es gekommen, nachdem der 36jährige unter Alkohol- und Tabletteneinfluß kurz vor 23 Uhr in dem Männerwohrheim noch etwas zu essen haben wollte. Die Küche hatte aber bereits um 19 Uhr geschlossen. Ein Betreuer schickte den Hungrigen ins Bett. Kurz darauf kam er jedoch wieder ins Büro zurück, ging mit dem Messer auf den Betreuer los und schrie, daß er ihn umbringen werde. Durch das Kampfgeräusch geweckt, eilte ein Heimbewohner dem Opfer zur Hilfe und entwaffnete den Täter. Wolfgang A. kam in Untersuchungshaft und wurde von

der Staatsanwaltschaft wegen versuchten Totschlags angeklagt.

Wolfgang A. machte während der sechsstündigen Verhandlung am Mittwoch dem Gericht eine Erinnerungslücke glaubhaft. Ein sachverständiger Nervenarzt attestierte dem Angeklagten zudem einen „Affektstau“, hervorgerufen durch wiederholter Kränkung. Die verweigerte Essensausgabe sei letzendlich nur der Tropfen gewesen, der das Faß zum Überlaufen gebracht habe. Staatsanwalt Ingo Seidel beantragte drei Jahre und acht Monate wegen versuchter Tötung. Verteidiger Horst Wesemann plädierte hielt wegen der Vorstrafen des Angeklagten (er saß insgesamt zwölf Jahre in verschiedenen Gefängnissen) eine zweijährige Haftstraße für angebracht.

Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft konnte die Strafkammer in der Tat keine versuchte Tötung erkennen. Richter Kurt Kratsch begründete die Entscheidung damit, daß Wolfgang A. ohne weiteres sein Opfer hätte töten können, wenn er dies gewollt hätte. Deshalb sei die Tat als gefährliche Körperverletzung zu werten.

heuz