piwik no script img

„Was will diese amerikanische Hündin hier“

■ Die amerikanische Rechtsanwältin Eva Brandly vergleicht die Verhältnisse im Kosovo mit denen Südafrikas

INTERVIEW

Eva Brandly (geboren 1941) ist eine amerikanische Rechtsanwältin, die für die polnische Solidarnosc -Gewerkschaft arbeitete. Sie ist wegen ihres Kampfes für die Menschenrechte weltweit bekannt und befaßt sich in letzter Zeit intensiv mit dem „Kosovo-Syndrom“.

Am 2. Juli 1990 war sie bei der Versammlung der 115 albanischen Mitglieder des Kosova-Parlaments anwesend, bei der der Beschluß gefaßt wurde, Kosovo in eine Republik im Rahmen eines föderativen Jugoslawiens zu überführen. Sie wurde verhaftet und vier Stunden im Polizeipräsidium festgehalten. Danach mußte sie innerhalb von 48 Stunden das Land verlassen.

Blerim Shala: Sie haben noch etwa 24 Stunden Zeit, Prishtina und Jugoslawien zu verlassen. Haben Sie vor, der „Deportation“ aus Kosova irgendwie auszuweichen?

Eva Brandly: Ich kann hier nichts mehr machen. Ich kann jedoch auch im Ausland einiges für Kosovo tun.

Sie haben auf Ihrer Haut gespürt, was der „Polizeistaat“ in Kosova bedeutet. Sie wurden verhaftet und vier Stunden im Polizeipräsidium gehalten. Was haben Ihnen die Sicherheitsbeamten gesagt?

Eigentlich haben sie mit mir ein spezielles „Interview“ geführt. Der Polizist, der übersetzt hat, war sehr korrekt, der Ton der Fragen seitens der serbischen Polizisten war aber sehr grob und unangebracht.

Sie müssen wissen, daß meine Muttersprache Polnisch ist. Deshalb konnte ich alle Schimpfwörter, die auf meine Rechnung gelaufen sind, verstehen. Das häufigste Schimpfwort war: „Sieh mal diese amerikanische Hündin an.“

Die Einwohner von Prishtina haben Sie mit Händeklatschen erwartet. Vielleicht hat auch das einen Einfluß auf Ihre Verhaftung genommen?

Es hat keinen Sinn, von Einflüssen und Gründen für meine Verhaftung zu sprechen. Ein solcher Polizeistaat, wie er hier herrscht, braucht keine Gründe für Verhaftungen.

Vielleicht wäre ich auch verhaftet worden, wenn ich in Rot und Schwarz bekleidet gewesen wäre. Die Polizisten haben mich angeschrien, ich solle allen Albanern sagen, nicht mehr mit dem Feuer zu spielen.

Ist es möglich, die Menschenrechtssituation im Kosovo mit der in anderen Staaten zu vergleichen?

Ich denke, daß ein Vergleich nur mit dem südafrikanischen Rassisten-Regime möglich ist. Auch hier herrscht in letzter Zeit Apartheid, und zwar auf der institutionellen Ebene. Aber während in Südafrika die ersten Schritte zur Abschaffung dieses Systems unternommen worden sind, haben sich hier die Behörden für die umgekehrte Richtung entschlossen.

Dort kommt es zu Versuchen, einen Dialog herzustellen, hier gibt es keine. Dort hat Nelson Mandela den Reisepaß sofort nach seiner Freilassung erhalten, hier ist Adem Demaci noch immer ohne Reisepaß, und es wird ihm nicht erlaubt, Jugoslawien zu verlassen. Mandela kann von allem, was er während der 27 Jahre Haft erlebt hat, frei sprechen, Demaci hat noch nicht dieses Recht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen