Freßvergnügen fast wie immer

■ 100. Kajenmarkt mit Attraktionen für leistungsfähige Mägen / Viel für 100 Pfennig

Nur nicht bange. Einfach rein ins Getümmel. Schließlich sind es nur ein paar hundert Menschen, die Preise an manchen Ständen ein bißchen niedriger, ein bißchen wohltätiger als sonst - sonst ist alles so wie immer, wie an jedem all -sommer-samstäglichen Kajenmarkt. Nur das freß-und-kauf -lüsterne Kajenmarkt-BesucherInnen-Gefühl ist ein bißchen anders, bedeutungsvoller, weil irgendwie historisch an diesem Tag: 100. Kajenmarkt eben. Ein Jubiläum also.

Von rührigen Werbetrommeln herbeigetrommelt, strömten die Massen am Flohmarkt vorbei (oder mühsam Ellbogen-drükkend mittendurch) dem Musikge

töse entgegen. Und wenn nicht gerade die Kinder zuerst ihren Kopf durchgesetzt und die Eltern zu Ponyzelt und Eselskutsche geschleppt hatten, dann konnten sie in aller Ruhe vom Frühstück bis zum Mittagessen sich die Bäuche vollschlagen: Lachsbrot, Gemüsepfanne, Aal und Gummibärchen, Reibekuchen, Schmalzkuchen, Pommes, Bratkartoffeln, Matjes, Lakritz - für Heißhungrige gab's kein Entrinnen.

Erbarmungslos füllte Bananen-Fred Tüte um Tüte: „Hey - gib‘ sofort die Schale her...da ist doch Pfand drauf... das wär ja noch schöner - Bananenschalen einfach wegwerfen... Und du, willst du nicht auch noch 'ne La

dung? “ Die Tüte, zum Bersten voll mit Bananen und Pfirsichen, wechselt den Besitzer. Der Geldschein im Gegenzug auch. Das Geschäft läuft gut, wie immer. Hinterm Stand türmen sich die leeren Obstkisten. Wenige Meter weiter ist Blumen-Schlußverkauf. „Klar war deine noch billiger die hat ja auch keine Wurzeln. Aber die hier, die ist ihr Geld schon wert... Und die erst, ein wahres Prachtexemplar.“ Der „Ficus benjamini“ landet im linken, eine Stechpalme zusätzlich im rechten Arm der Käuferin. Ein stolzes Lächeln huscht über ihr Gesicht. Eigentlich wollte sie ja gar keine kaufen... Der Gatte zückt das Portemonnaie. Die

Menge hat ihr Spektakel. Immerhin hat Frau M. die Pflanze am 100. Kajenmarkt...

100 Pfennige ausweisende Preisschilder an Schnaps- und Kaffeestand locken unterdessen zum Konsumieren. Und wo Bier und Schampus und Matjes zuhauf die Kehlen schmieren, hat die Frauen-Union die Gunst der Stunde entdeckt: FU-Vorsitzende Ulrike Schreiber malt bunte Striche in die Gesichter ihrer Nachwuchs-WählerInnen. Ein bißchen Haarspray, ein bißchen grün und pink und gelb - und schon hatte sie bleibenden Eindruck bei den Kleinen und ihren Müttern hinterlassen, wobei sie kein Wort zu wechseln brauchte.

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