Schonfrist für Umweltsenatorin Schreyer

■ Senat vertagt Streit über HMI-Reaktor / Entscheidung in zwei Wochen

West-Berlin. Die Sozialdemokraten bellten nur, zugebissen haben sie noch nicht. Im Streit um den Forschungsreaktor des Hahn-Meitner-Instituts (HMI) beließ es die SPD-Mehrheit im Senat gestern dabei, die Absicht von AL-Umweltsenatorin Michaele Schreyer zu mißbilligen, dem Reaktor die Betriebsgenehmigung zu versagen. Erst nach der auf zwei Wochen befristeten Anhörung des HMI will die SPD in der Senats- sitzung am 7. August Schrey ers Einwände gegen eine Betriebs genehmigung „abschließend be werten“, erklärte Wissenschafts senatorin Barbara Riedmüller (SPD).

Während Schreyer bisher darauf beharrt, daß über die Reaktorgenehmigung allein in ihrem Ressort entschieden werden könne, will Riedmüller unter Umständen eine Entscheidung des Gesamtsenats herbeiführen. Man wolle zwar „nicht ohne Not in die Zuständigkeit der Genehmigungsbehörde eingreifen“, sagte Riedmüllers Staatssekretär Hans Kremendahl gestern zur taz. Falls die Umweltsenatorin bei ihrer Ablehnung der Reaktorgenehmigung bleibe, sei es dennoch eine „gute Möglichkeit“, als Gesamtsenat zu entscheiden.

Die Wissenschaftssenatorin bestätigte gestern offiziell, daß Schreyer vorhabe, dem Reaktor die Betriebserlaubnis zu verweigern. Die Umweltsenatorin selbst wollte auch gestern darüber nichts verlauten lassen. Sie will zunächst dem HMI den Entscheidungsentwurf zukommen lassen und ihre Haltung erst heute öffentlich erläutern. Nach der gestrigen Senatssitzung hatte die Umweltsenatorin lediglich eingeräumt, daß es in Sachen HMI-Reaktor „unterschiedliche Positionen“ gebe. Der Regierende Bürgermeister Momper und die Senatsmehrheit hätten „deutlich gemacht“, daß sie „viele der Positionen“ Schreyers in Sachen HMI nicht teilten, bestätigte auch SPD-Senatssprecher Kolhoff. Ob der Senat nach der Anhörung wirklich kollektiv über die Betriebsgenehmigung entscheiden kann, bleibt aber umstritten. Schreyer hatte, wie berichtet, ein Rechtsgutachten vorgelegt, daß ein Eingriffsrecht des Gesamtsenats verneint. Riedmüllers Staatssekretär Kremendahl dagegen meinte gestern, der Senat könne das Genehmigungsverfahren „jederzeit an sich ziehen“. Er berief sich auf die einschlägige alliierte „Berlin Kommandatura Order“ (BKO) von 1961, in der die atomrechtlichen Genehmigungensverfahren dem Senat „oder“ einer von ihm zu bestimmenden Behörde übertragen worden sei.

Eine kompetente Parteifreundin von Riedmüller teilt diese Rechtsauffassung nicht. Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) interpretiert die BKO anders und billigt Schreyer das alleinige Recht zu, die Genehmigungsfrage zu entscheiden. Da gebe es einen „juristischen Einschätzungsdissens“, räumte Staatssekretär Kremendahl gestern ein.

hmt