: „Sie reden wie ein SPD-Politiker“
■ Horst Grützner über Horst Grützner als linkes Opfer der rechten SPD-Mafia
Wie kommt es, daß immer in Bremerhaven und die von Horst Grützner aufgehängten Ausstellungen geahndet werden? Der Hergang des jüngsten Falls: Die Architekten Grützner und Elstner betrieben in Bremerhaven ein großes Achitekturbüro in einer Villa, die sie auch bewohnten. Als Grützner durch Hauszinsen und fehlende Aufträge für das Architekturbüro in Schwierigkeiten geriet, eröffnete er gegen den Willen Elstners in der Villa ein kommerzielles „Kulturcafe“, für dessen kulturelle Veranstaltungen er einen gemeinnützigen Verein gründete, die „Bremerhavener Initiative für Kultur“. Als Grützner einen Saal, den Elstner beanspruchte, renovierte, für seine Architekturgehilfen und später für eine Ausstellung nutzte, strengte der Partner Klage an und erhielt Recht.
Grützner: Heute, fünf Jahre danach, sehe ich das Ganze auch als Gesamtaktion zur Vernichtung dieses Kulturzentrums. In der SPD besteht der Ehrgeiz, Kulturaktivitäten nahezu ausschließlich in den eigenen städtischen Institutionen zu entwickeln.
taz: Es war aber doch lediglich ein privater Knatsch zwischen zwei Hausbesitzern, von denen einer einen Raum beansprucht, auch für Nicht-Kulturcafeaktivitäten, der ihm nicht zusteht?
Ich bestreite die rechtliche Handhabe eines Gerichts, in einem Raum, der mir zu 50 % gehört, zu untersagen, daß ich dort Kunst ausstelle.
Das ist doch egal, was Sie da aus
stellen, wenn Sie den Raum nicht nutzen dürfen. Das ist doch gerichtlich entschieden.
Das ist ein Fehlurteil gewesen, das ist ein politisches Urteil gewesen.
Sie wollen doch nicht im Ernst behaupten, daß das Gericht ihrem Partner Recht gegeben hat, weil es etwas gegen ein Kulturcafe in Bremerhaven hat?
Glauben Sie an die Korrektheit der Justiz in diesem Lande?
Es geht nicht um die Justiz im allgemeinen, sondern darum, daß sie einen privaten Knatsch um
wandeln in eine Solidaritäts veranstaltung für die verfolgte Kunst.
Ich find's gut, daß Sie da ein bißchen Widerstand leisten. Aber ich komme da wieder auf die Anklagebank. Das Kulturcafe war ein Treffpunkt der Linken, der Asylgruppen, das ganze Spektrum hatte keine Bleibe mehr, man hat das mit dem Cafe Einstein verglichen oder mit dem Romanischen Cafe der Zwanziger Jahre. Und ausgeschlossen war die herrschende Macht in Bremerhaven, die seit mehr als 30 Jahren regie
rende rechte SPD, die in diesem ganzen Spektrum eine Bedrohung sah. In diesem Kontext muß man das sehen.
Sind Sie von irgendeiner Mafia geschädigt worden oder ihr Partner von Ihnen? Sie ziehen eine politische Bedeutung an den Haaren herbei und mißbrauchen den Appel zur „Solidarität“ für eine ganz persönliche Sache.
Eine Kunstausstellung in einem Raum per Gerichtsbeschluß abzuhängen, das halte ich für verfassungsmäßig bedenklich.
Macht Sie das nicht mal stutzig, daß Sie immer der einzige sind, der es hinkriegt, mit seiner Kunst politisch verfolgt zu sein. Das muß Ihnen doch mal auffallen, daß Sie was Querulantisches haben.
Das ist jetzt etwas Gefährliches, was Sie da sagen. Sie reden da fast wie ein sozialdemokratischer Kulturpolitiker. Aber die Tatsachen sprechen ja ein bißchen für sich. Ich habe ja von der Ordnungsstrafe von meinen kargen Mitteln monatlich 30 Mark bezahlt, um die Verhaftung abzuwenden, weil ich in einer schwierigen Situation war und körperlich keine Kraft mehr hatte, mich zu wehren. Ich habe das dann eingestellt. Und dann hat das Gericht gesagt, Sie bekommen doch 840 Mark Aufwandsentschädigung von den Grünen. Ich habe Monate gebraucht, um das abzuwenden. Auch das ist ein Angriff auf meine Person gewesen, mit der ein Großteil auch meiner politischen Arbeit stillgelegt worden ist.
Interview: Uta Stolle
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