: Die Durchführung der Betriebsratswahl
■ Persönlichkeits- und Verhältniswahl / Vertretung von Arbeitern und Angestellten / Der Gesamtbetriebsrat
Der rote Faden
Teil 10
Der letzte Teil der Serie (vergleiche taz vom 26.7.) befaßte sich mit den Voraussetzungen zur Einrichtung eines Betriebsrats und den Vorbereitungen der Wahl gemäß dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). (d.Red.)
5. Zusammensetzung des Betriebsrates. Die Größe des zu wählenden Betriebsrates richtet sich nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer/innen. Betriebe mit fünf bis 20 Wahlberechtigten wählen eine Einzelperson, 21 bis 50 Wahlberechtigte drei Betriebsratsmitglieder usw. (§9 BetrVG). Arbeiter/innen und Angestellte müssen ihrem Zahlenverhältnis entsprechend im Betriebsrat vertreten sein. In gleicher Weise sollen die Geschlechter berücksichtigt werden (§15 BetrVG). Ersteres wird durch das Wahlverfahren sichergestellt, letzteres richtet sich an die Einreicher von Wahlvorschlägen.
6. Gruppenwahl oder gemeinsame Wahl. Besteht der Betriebsrat aus mehr als einer Person, so wählen Arbeiter und Angestellte ihre Vertreter getrennt. Beide Gruppen können jedoch in getrennten, geheimen Abstimmungen jeweils mehrheitlich beschließen, eine gemeinsame Wahl durchzuführen (§ 14 Abs. 2 BetrVG).
7. Mehrheitswahl oder Verhältniswahl. Der Vorzug der Mehrheits- oder Persönlichkeitswahl besteht darin, daß sich die Beschäftigten für eine oder mehrere Einzelpersonen entscheiden können. Sie findet statt, entweder wenn nur eine Person zu wählen ist oder wenn mehrere zu wählen sind, aber nur eine Liste kandidiert (§§21,25 Wahlordnung).
Kandidieren mehrere Vorschlagslisten gegeneinander (zum Beispiel verschiedene Gewerkschaften), so gibt jede/r Beschäftigte eine Stimme für eine Liste ab (§ 11 Abs. 1 WO).
8. Vorbereitung der Wahl. Spätestens sechs Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe veröffentlicht der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben, das alle wesentliche Details zu der durchzuführenden Wahl enthalten muß (siehe §3 Abs. 2 WO). Gleichzeitig ist die Wählerliste auszulegen, die alle Wahlberechtigten getrennt nach Arbeiter/innen und Angestellten umfaßt (§2 WO). Zur Anfertigung dieser Wählerliste hat der Arbeitgeber zuvor dem Wahlvorstand alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen (§2 Abs. 2 WO). Innerhalb von zwei Wochen sind Einsprüche gegen die Wählerliste möglich (§4 WO).
Innerhalb von zwei Wochen nach Ausschreibung können die Wahlberechtigten und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen. Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die sechs Monate dem Betrieb angehören (§8 Abs.1 BetrVG). Jeder Wahlvorschlag von Arbeitnehmern muß von einer Mindestzahl der Wahlberechtigten unterzeichnet sein (siehe § 14 Abs. 6, 7 BetrVG). Die inhaltlichen und formalen Anforderungen an die Vorschlagslisten ergeben sich aus §6 WO.
Der Wahlvorstand prüft die Vorschlagslisten und erklärt sie gegebenenfalls für ungültig (§8 WO), wobei er teilweise eine Nachfrist von drei Tagen zur Behebung von Mängeln zu setzen hat. Spätestens eine Woche vor Beginn der Wahl hat er die anerkannten Vorschlagslisten zu veröffentlichen (§10 Abs. 2 WO).
9. Durchführung und Auszählung. Die Wahlordnung regelt im Detail das Verfahren bei Mehrheits- und Verhältniswahl (§§ 11 bis 20, 21 bis 24, 25 WO). Bei Mehrheits -/Persönlichkeitswahl sind die Bewerber/innen mit den meisten Stimmen gewählt. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los (§ 23 Abs. 1 WO). Hat gemeinsame Wahl von Arbeitern und Angestellten stattgefunden, so ist gegebenenfalls durch Überspringen von Bewerber/innen sicherzustellen, daß jede Gruppe die ihr zustehende Zahl von Sitzen erhält (§ 23 Abs. 2 WO).
Bei der Verhältnis- oder Listenwahl werden die gewählten Bewerber/innen nach dem d'Hondtschen Höchstzahlensystem ermittelt (siehe §15 WO). Bei gemeinsamer Wahl werden für Arbeiter und Angestellte gesonderte Rechnungen durchgeführt.
Der Wahlvorstand fertigt eine Wahlniederschrift (§§ 17, 24 WO). Er schließt seine Tätigkeit mit der Einleitung der konstituierenden Sitzung des Betriebsrates ab (§29 Abs.1 BetrVG).
10. Wahlanfechtung und Nichtigkeit. Innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses kann die Wahlangefochten werden. Berechtigt dazu sind drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft und der Arbeitgeber (§19 Abs.2 BetrVG). Das Arbeitsgericht gibt der Anfechtung statt, wenn gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden ist und dadurch das Wahlergebnis beeinflußt werden konnte (§ 19 Abs. 1 BetrVG). Zu nennen sind zum Beispiel falsche Gruppenzuordnung, Kandidatur Nicht-Wählbarer, Nicht-Einhaltung von Fristen. Auch wenn das Arbeitsgericht der Anfechtung stattgibt, sind alle bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung vorgenommenen Handlungen des Betriebsrates wirksam; zum Beispiel bleiben dessen Betriebsvereinbarungen gültig.
Von der Anfechtbarkeit zu unterscheiden ist die Feststellung der Nichtigkeit der Betriebswahl durch das Arbeitsgericht: diese führt zur vollständigen Unwirksamkeit aller vollzogenen Handlungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist dies der Fall, wenn gröbste Verstöße gegen Wahlvorschriften vorgekommen sind, wenn nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl vorliegt: zum Beispiel Bildung eines Betriebsrates in er Betriebsversammlung durch Zuruf.
17. Gremien des Betriebsrates. Bestehen in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte, so ist ein Gesamtbetriebsrat aus Mitgliedern der Einzelbetriebsräte zu bilden (§47 BetrVG). Im Konzern können die einzelnen Gesamtbetriebsräte einen Konzernbetriebsrat bilden (§54 BetrVG). In größeren Betriebsräten wählt dieser einen Betriebsausschuß zur Führung der laufenden Geschäfte (§27 BetrVG). Für andere Aufgaben können weitere Ausschüsse gebildet werden (§ 28 BetrVG).
Edgar Peter
Der Autor ist ein an der Universität Bremen mit Schwerpunkt Arbeitsrecht ausgebildeter Volljurist.
Die ersten zehn Teile der Serie können gegen DM 4, bestellt werden bei: taz-Archiv, z.Hd. Randy Kaufmann, Kochstr. 18, 1 Berlin 61.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen