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Militärwissen für Umweltschutz

■ Die Rüstungsfirmen an der Küste stellen sich auf den Wandel ein

Der Bremer Rüstungsmanager Karl Friedrich Triebold, Chef der Krupp Atlas Elektronik GmbH, spürt den Wind des Wandels: „Seit 1955 haben Staat und Wirtschaft mit enormen Mitteln für unsere äußere Sicherheit gesorgt“, erklärte er vor kurzem in Bonn. „Nun besteht die Notwendigkeit, im Interesse unserer Volkswirtschaft vergleichbare Investitionen in alternative Programme zu tätigen.“ Triebold schwebt auch schon vor, wohin die Milliarden fließen könnten: „Als herausragendes Beispiel ist der Umweltschutz zu nennen.“

Der Bremer steht nicht allein. Von Kiel bis Emden denken die Vorderleute der Rüstungsindustrie in Norddeutschland darüber nach, wie sie ihre Firmen auf eine mögliche Abrüstungspolitik einstellen sollen. Denn eines ist klar: Trotz weiter steigender Rüstungsetats könnte es nach Mauersturz, Auflösung des Warschauer Paktes und Abrüstungs

verhandlungen mit dem Wachstum der Rüstungsindustrie zu Ende gehen. Noch gibt es keine fertigen Konzepte, aber zwei Tendenzen zeichnen sich bei den Unternehmen ab: Konversion, also der Ersatz militärischer durch zivile Produkte, und High Tech - die verbleibende Militärtechnik soll noch leistungsfähiger werden.

Nahezu alle Firmen im Norden wollen ihren Rüstungsanteil senken. Die Deutsche System-Technik GmbH (DST) in Bremen, die ehemalige Philips-Rüstungssparte, will zum Beispiel möglichst schnell von 80 auf 60 Prozent kommen. „Wir produzieren etwa Verkehrsleitsysteme für die Bundesbahn; das ist ausbaufähig“, meint Sprecher Franz Kunz. Ein anderes Beispiel: Die Nachtsichttechnik des Unternehmens ist auch für die Polizei einsetzbar. Ähnliches ist aus anderen Unternehmen zu hören. Die Deutsche Marinetechnik GmbH (DMT) in

Hamburg setzt auf Satelliten kommunikation und -navigation. Sie entwickelt Geräte mit denen Reedereien ihre Schiffe auf zehn Meter genau auf den Weltmeeren orten können. Das sei auch für Speditionen und ihre Lkw denkbar.

Noch streiten die Gelehrten, ob es ohne weiteres möglich sein wird, von Rüstung auf zivile Produktion umzusteigen. „Fast alle Unternehmen, die sich mit Wehrtechnik befassen, tun sich mit der Entwicklung neuer Geschäftsfelder äußerst schwer“, sagt Triebold. „Das wehrtechnische Know-how ist nicht ohne weiteres für zivile Märkte nutzbar.“ Das sieht der Kieler Friedensforscher Christian Wellmann anders: „Die Umstellung ist dort machbar, wo sie gewollt ist.“

Für die Küstenregion bedeuten Konversion und Abrüstung einen weiteren Strukturwandel. „Der norddeutsche Küstenbereich, der ohnehin durch alte Technologien

noch immer vorbelastet ist, kann nicht weitere Belastungen verkraften“, meint Krupp-Atlas-Chef Triebold.

Die Handelskammer Hamburg beziffert das Volumen der Rüstungsproduktion bundesweit auf 23 Milliarden DM. Wieviele Arbeitsplätze an der Rüstung hängen, ist umstritten: Die Hamburger Handelskammer nennt 250.000, Triebold 480.000 sowie weitere 780.000 bei der Bundeswehr und den Stationierungsstreitkräften; Friedensforscher Wellmann geht von rund 100.000 Arbeitsplätzen im engeren Sinne aus. Die Rüstungsproduktion sei also mit ein bis zwei Prozent an der Beschäftigung beteiligt. Wellmann zieht daraus den Schluß: „Konversion ist ebenso zu bewältigen wie normaler Strukturwandel. Das ändert allerdings nichts daran, daß es in einzelnen Betrieben und Regionen große Probleme geben kann.“

Eckart Gienke/dpa

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