Das ägyptische Denken ...

Das ägyptische Denken kennt keine Endzeit, keinen jüngsten Tag, sondern sieht die Zeit als eine unendliche Abfolge von Wiederholungen. Tag, Monat, Jahr, Generation sind die in ihrer regelmäßigen Wiederkehr erlebbaren Zeiteinheiten. Die ägyptische Kunst hat in der Mitte des 3.Jahrtausends v.Chr. ihre für die nächsten zweitausendfünfhundert Jahre gültigen Grundformen gefunden. Ihre Faszination liegt in der den Werken eigenen Spannung, einer Balance zwischen Tradition und Innovation. Erst mit dem Eindringen der klassischen Kulturen und dem Zerfall der alten Ordnungsmuster verliert die ägyptische Kunst ihre eigenständige Kraft. Doch auch für die Invasoren blieb dieser Kontakt nicht ohne Folgen: von den Ägyptizismen des römischen Kaiserreichs, über die Rezeption in der europäischen Architektur des 19. Jahrhunderts bis zur Suche nach dem Zeitlosen in den Werken der Moderne.

Alle Abbildungen der Index-Seiten aus „Ägyptische und moderne Skulptur“, München 1986. Rechts: „Grüner Kopf“ um 500 v.Chr