Dem Graf geht's an den Kragen

■ Strafanzeige gegen Reiterverband: Mitwisserschaft

Berlin (taz) - Na also, da kommt er ja langsam zum Vorschein, der Eisberg. Und bestätigt die Befürchtung, daß das Barren von Springpferden tatsächlich zu den „tierschützerischsten Maßnahmen“ (Paul Schockemöhle) gehört, im Vergleich zu denen, die der 'Stern‘ nun aufdeckte. Baby -Face Franke Sloothaak soll, den eidesstattlichen Erklärungen eines ehemaligen Angstellten zufolge, seinen Lieblingen mittels Stromstößen durch die Sporen auf die Sprünge geholfen haben, Kurt Gravemeier reibt die Vorderbeine seiner Springer mit ätzender Ameisensäure ein, damits beim Anstoßen mehr schmerzt, hier und dort wird mit Eisenstangen gebarrt, mit Riemen aufs gemeinste gefesselt und mit fiesen Gebissen malträtiert. Selbst Denkmäler wie Hans Günter Winkler werden aufgrund ihrer Trainingsmethoden angekratzt.

Dennoch ist die deutsche Springreiter-Equipe zur WM nach Stockholm gereist, wo sie, laut 'dpa‘, wie alle anderen begrüßt wurden, was wiederum die „im Grunde glücklicherweise absurde Hysterie“ der „tatsächlichen und vermeindlichen Tierschützer“ verdeutliche (dpa). Doch „das Gespenst“, das der 'dpa'-Korrespondent „unter Eurpopas Reitern“ umgehen sieht, ist dermaßen real, daß selbst die bisher so wortkargen Verantwortlichen von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) davon gewußt haben müssen.

Dessen sicher ist sich zumindest der Journalist Jobst-Eike Spengelmann, der Strafantrag gegen die FN-Führung, sprich gegen Präsident Graf Landsberg-Velen, Geschäftsführer Burandt und Wendt, Olympia-Verantwortlicher Haring und Spring-Bundestrainer Meyer, gestellt hat. Die Anklage lautet auf „fortgesetzte Unterstützung und Beihilfe zur Tierquälerei in den verschiedensten Fällen“. Die Beschuldigten haben, so der Kläger, jahrelang von den erfolgträchtigen Machenschaften gewußt und sie gedeckt. So wirkt die Rüge der 'FAZ‘ an den Grafen, er hätte angesichts der Foltermethoden doch bitte öffentlich mehr Abscheu zeigen sollen, eher lächerlich. Denn der ekelt sich ja nicht vor sich selbst.

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