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Rasende Einheit mit satten Leitplanken

■ Verkehrsminister im Prinzip einig: BRD-Straßenverkehrsordnung wird mit wenigen Ausnahmen von der DDR übernommen Tempolimit 100 auf Autobahnen wird abgeschafft/ Bei den Promillen sollen unterschiedliche Regelungen gelten

Berlin (taz) - In Ost- und Westdeutschland sollen nach Vollzug der deutschen Einheit im Dezember unterschiedliche Promille-Grenzen, aber einheitlich kein Tempolimit auf der Autobahn gelten. Die bisher in der DDR bestehenden Regelungen von Tempo 80 und Tempo 100 werden aufgehoben und durch die BRD-Regelung von Tempo 100 auf Landstrassen und der unverbindlichen sogenannten Richtgeschwindigkeit 130 auf Autobahnen ersetzt.

Die Pressestelle im Bonner Verkehrsministerium bestätigte gestern, daß die bundesdeutsche Straßenverkehrsordnung „bis auf wenige Ausnahmen“ in Gesamtdeutschland in Kraft treten soll. Hier bestehe im Prinzip Einigkeit, auch wenn die Gespräche zwischen Ost und West derzeit noch liefen. Insbesondere solle, so Sprecher Peter Schimikowski, die Richtgeschwindigkeit 130 übernommen werden. Zu den Ausnahmen zählt dagegen die Promille-Regelung, wo sich die beiden Minister Gibtner (DDR) und Zimmermann (BRD) bislang nicht einigen konnten. Im Bonner Verkehrsministerium kann man sich auch einen „gespaltenen Rechtszustand“ mit unterschiedlichen Regelungen in Ost und West durchaus vorstellen. Auch in den USA gebe es in einzelnen Bundesländern verschiedene Verkehrsgesetze, sagte Schimikowski.

Zimmermanns Pressestelle bestätigte auch eine Meldung der 'Welt‘, wonach der Mittelstreifen aller Autobahnen der DDR künftig mit Leitplanken gesichert werden sollen. Für jeden Autobahn-Kilometer soll dies 100.000 bis 150.000 DM kosten. Bei insgesamt 1.800 Autobahn-Kilometern des DDR -Straßennetzes wäre dies nahezu eine Viertel Milliarde Mark. Die DDR müsse mühsam unserem Sicherheitsstandart angeglichen werden, sagte Zimmermanns Sprecher.

Besonderer Problempunkt bleibe der schlechte Straßenzustand. Deswegen könnten trotz aufgehobenem Tempolimit auf vielen Autobahnabschnitten keine höheren Geschwindigkeiten zugelassen werden.

Auch im Ostberliner Verkehrsministerium wird die weitgehende Übernahme der BRD-Straßenverkehrsordnung bestätigt. Allerdings sei Minister Gibtner bei der Promille -Grenze unnachgiebig. „Alkohol und Autofahren gehören nicht zusammen“, faßte sein Sprecher gestern die Position des Ministers zusammen.

Der „Arbeitskreis Verkehr“, der Zusammenschluß aller Bürgerinitiativen im Verkehrsbereich, warf den beiden Verkehrsministern gestern vor, sie würden ungeachtet des drastischen Anstieges der Verkehrstoten und Verletzten auf den Straßen der DDR zur Tagesordnung übergehen und eine Straßenverkehrsordnung festschreiben, die nur der „Förderung des Autoverkehrs“ diene. Insbesondere die Aufhebung des Tempolimits sei grob fahrlässig und entspreche „vorsätzlichem Totschlag“. Die Chance für eine neue verkehrspolitische Weichenstellung werde verpaßt, sagte AK -Sprecher Karl-Heinz Ludewig. Der Zahl von 250 Millionen Mark für die Leitplanken auf DDR-Autobahnen stellte Ludewig die Aufwendungen von 40 Millionen Mark für die Verkehrssicherheit in der Bundesrepublik gegenüber. Mit dem Geld könnten die fünf größten Städte der DDR verkehrsberuhigt werden.

Manfred Kriener

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