Der Knoten Mosambiks

■ Nach 13 Jahren brutalen Bürgerkriegs will die Regierung Joaquin Chissano ein Mehrparteiensystem einführen / Renamo gerät in Zugzwang

Von Andrea Seibel

Berlin (taz) - „Wenn Leute Parteien gründen wollen, dann haben wir kein Recht, sie daran zu hindern, solange sie sich an die Gesetze halten und friedlich sind.“ Mit diesem Satz kündigte der mosambikanische Staatspräsident Joaquin Chissano am Dienstag die einschneidendste in einer Serie von Reformen an, um den Bürgerkrieg im Land zu beenden. Das Politbüro der Staatspartei, so Chissano, habe einstimmig beschlossen, im Lande ein Mehrparteiensystem einzuführen. Darüber endgültig abstimmen müsse das Parlament des Landes im Oktober. Und schon 1991 könnten dann bei Wahlen verschiedene Parteien antreten.

Die seit 1977 regierende frühere Guerilla-Bewegung Frelimo versucht mit diesem Schritt, die bisher nur militärisch agierende Renamo-Truppe (Resistencia Nacional Mosambiquana) in politischen Zugzwang zu bringen. Die Renamo hat sich bisher nur durch Terror gegenüber der Bevölkerung ausgezeichnet. Sie hat außer vagen Bekenntnissen zum Kapitalismus keinerlei Programm oder Ziel.

Seit die Regierung realisierte, daß sie die zwar nur 20.000 Renamo-„bandidos“ nicht militärisch besiegen kann, ist sie zu Gesprächen bereit. Schon seit vergangenem Jahr verhandelt die Regierung unter Vermittlung von Kirchenführern und den Präsidenten Kenias wie Simbabwes mit Renamo-Vertretern. Erst vor kurzem fand eine Gesprächsrunde in Rom statt.

Doch ein Ende für den seit der Unabhängigkeit 1975 mit beispielloser Brutalität tobenden Bürgerkrieg bedeutet dies nicht sofort, auch wenn eine der zentralen Forderungen der Renamo in der Vergangenheit für ein Friedensabkommen immer wieder die Zulassung zu freien Wahlen war.

Die Zahlen über den Zustand des Landes sind erschreckend. Mit Recht ist von einem „geschundenen Land“ die Rede: eine Million Tote, zwei Millionen geflüchtete Menschen, eine halbe Million verwaiste, traumatisierte Kinder, deren Sterblichkeitsrate die zweithöchste der Welt ist. Fast die Hälfte aller Bewohner sind vom Terror unmittelbar betroffen, auf 15 Milliarden Dollar schätzt ein UNO-Bericht die materiellen - Kosten dieses Krieges. Weitere Bilanz: eine zerstörte Infrastruktur und immer wiederkehrender Hunger.

Im Unterschied zur Konstellation in Angola, wo die Unita -Guerilla Jonas Savimbis immerhin gemeinsam mit den jetzt regierenden Marxisten der Dos-Santos-Regierung die portugiesischen Kolonialherren vertrieb, ist Renamo eine noch von den damaligen rhodesischen Machthabern gemeinsam mit Südafrika installierte blanke Söldner-Killer-Gruppe, ein „faules Ei“. Die vom rhodesischen Geheimdienst CIO Rekrutierten sollten 1975 in erster Linie die Widerstandsorganisation des heutigen simbabwischen Staatschefs Robert Mugabe, die im damals unabhängig gewordenen, marxistischen Mosambik Rückzugs- und Operationsbasen unterhielt, aufmischen. Erst mit der Unabhängigkeit Simbabwes 1980 konzentrierten sie sich auf die Chissano-Regierung.

Vor zwei Jahren ließen die USA, die ebenso wie die UdSSR auf eine Verhandlungslösung setzen und sich in letzter Zeit erstaunlich loyal gegenüber Chissano verhielten, einen Bericht (Gersony-Report) anfertigen, der die Brutalität der Renamo offenbarte und eindringlich belegte, daß dies eine rein destruktive Terrororganisation ohne Ratio und Menschlichkeit ist. Ganze Dörfer werden systematisch ausradiert, den Menschen Köpfe und Gliedmaßen abgehackt, in kontrollierten Gebieten werden die Einwohner sklavengleich ausgebeutet. Eine andere Untersuchung belegt zudem, daß die wahrscheinlich immer noch von Südafrika finanzierten Killer zu 90 Prozent zwangsrekrutiert werden.

Mit dem Angebot an die Renamo steht jedenfalls die Regierung Chissano, die sich schon im letzten Jahr auf ihrem Parteitag geschickt vom Marxismus-Leninismus verabschiedete, zurecht als der reformwilligere und moralisch integrere Teil da. Die Tage der Renamo scheinen im Moment gezählt.