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"Projekt Meiga"

■ betr.: "Obskure Aktion Perestroika schwindelt mit Austausch", taz vom 28.7.90

betr.: „Obskure Aktion Perestroika schwindelt mit Austausch“, taz vom 28.7.90

(...) Ich stehe dem „Projekt Meiga“ - das ich zugegeben bisher nur oberflächlich kenne - mit kritischer Sympathie gegenüber. Da steckt mir zuviel Ideologie drin. Und bei der „Aktion Perestroika“ sehe ich einiges an Selbstüberschätzung. Aber mich ärgert, wie Ute Scheub die Lauterkeit der dahinterstehenden Absicht mit dem Hinweis auf den Bezug zu einer „Sex-Sekte“ in Frage stellt, auch wenn die Leute möglicherweise mit nicht gutzuheißenden propagandistischen Übertreibungen arbeiten. Und mich stört, wenn ein radikaler Versuch, Alternativen zu bürgerlichen Lebensformen und einer moralisch begrenzten Sexualität zu praktizieren, als sektiererisch stigmatisiert wird. (...)

Wer weiß: Am Ende haben „eine demokratische, humane und ökologische Gesellschaft“ und „freie, vollgelebte Sexualität“ sogar noch was miteinander zu tun!

Klaus Blees, Trier

(...) Wir sind keine Sekte, schon gar keine Sex-Sekte. Wir thematisieren jedoch die Bereiche Liebe, Sexualität, Partnerschaft, Freundschaft und Gemeinschaft und wollen einen gesamtgesellschaftlichen Rahmen schaffen, der es ermöglicht, diese Themen aus den Tabubereichen und Grauzonen herauszuholen. Diese Forschungsarbeit ist bereits im Gange und soll erweitert werden. Natürlich sind einige Stellen aus dem Manifest „Rettet den Sex“ umstritten und diskussionsbedürftig. Nur nützt es nichts, diese Stellen isoliert zu zitieren. (...)

Gerade als Mensch mit einer sehr langen linken politischen Identität, für den Begriffe wie Humanismus, Pluralismus, Sozialismus, Ökologie, Menschenwürde, soziale Gerechtigkeit und das Eintreten für benachteiligte Bevölkerungsgruppen höchsten Stellenwert haben, bin ich sehr betroffen über diese Berichterstattung. (...).

Hans-Walter Krause, Solingen

(...) Was die taz sich da leistet, ist Schmierenjournalismus übler Art. Was für die 'Bild'-Zeitung die „Terrorsympathisanten“, ist für die taz die „Sex-Sekte“. Da braucht man sich nicht mehr mit Inhalten auseinandersetzen, da kommt's nicht mehr auf den Wahrheitsgehalt der Informationen an - nein: Schublade auf, Klappe zu und „Hau drauf, Kapelle!“.

(...) Ich habe Frauen und Männer vom Projekt Meiga gelegentlich kennengelernt, auf öffentlichen Tagungen des Projekts. Ich habe Menschen getroffen, die mit einer selten zu findenden Lebenslust, Genauigkeit, Heiterkeit, Ernsthaftigkeit und Komplexität über Themen nachdenken und sprechen, die jeden von uns betreffen und angehen, auch unter die Haut gehen. Die Methoden, die sie wählen, sind mitunter recht unorthodox; manche Aussagen fordern Widerspruch heraus - auf jeden Fall aber sind sie ernstzunehmen und regen zu produktivem Nachdenken an. (...)

Georg Lohmann, Hamburg

Ute Scheubs Artikel über das „Projekt Meiga“ zeugen von einer Auffassung von Journalismus, die mir schon mehrmals in der taz bitter aufgestoßen ist: Nicht Sorgfalt im Umgang mit Bewegungen, Ereignissen und Themen ist angesagt, sondern das schnelle, diffamierende Urteil.

Wer das Projekt Meiga annähernd kennt und nicht völlig zynisch geworden ist in Bezug auf die Veränderbarkeit von Gesellschaft und Individuum, wird nicht mit einem Rundumschlag Voreingenommenheit produzieren (das ist Springer-Stil), sondern die emanzipatorischen Ansätze, von denen es im „Porjekt Meiga“ viele gibt (man lese das Buch: Aufbruch zur neuen Kultur von Dieter Duhm, Kösel-Verlag) hervorheben, ohne dabei die berechtigte Kritik zu vernachlässigen. Das Vertrauen in die Selbstfindung des Menschen zum Beispiel wird gefördert; und dazu gehört selbstverstädnlich auch die Kritik der Kleinfamilie und der Versuch einer - undogmatischen - Einordnung des Menschen in spirituelle, evolutionäre Zusammenhänge. (...)

Wolfgang Fehse, West-Berlin

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