: Lambsdorff: „Mehrheit bleibt Mehrheit“
Berlin (taz) - Otto Graf Lambsdorff wird Vorsitzender der gesamtdeutschen FDP - obwohl es auf seiten der DDR -Liberalen „entschiedene Vorbehalte“ gegen ihn gab. „Wir brauchen eine Führung, die das Schiff zu führen in der Lage ist und haben uns für Otto Graf Lambsdorff entschieden“, sagte Rainer Ortleb, Vorsitzender der DDR-FDP gestern nach der letzten Sitzung des Vereinigungsausschusses der Liberalen in Ost-Berlin. Einen Gegenkandidaten wird es nicht gegeben. Rainer Ortleb und Bruno Menzel vom Bund Freier Demokraten konkurrieren um den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden. Der Vereinigung der vier liberalen Parteien stehe nichts mehr im Weg, so Lambsdorff. „Die Sache läuft.“ Auf dem gemeinsamen Parteitag am 12. August wird abgestimmt.
Der Bundesvorstand der Partei soll künftig fünf statt bisher drei Mitglieder haben. Die Zahl der Beisitzer wird von drei auf fünf erhöht. Sechs Landesvorsitzende aus der DDR und fünf Beisitzer aus der DDR kommen ins Präsidium der Partei.
Einen Delegiertenschlüssel für die Verteilung der Sitze im gesamtdeutschen Parlament wird es nicht geben. „Wir rücken das Gewicht auf die Wählerstimme“, sagte Ortleb, auch wenn sich das negativ auf die Abgeordnetenzahl aus den künftigen DDR-Ländern auswirke. Die Ost-Liberalen bringen mit 137.000 Parteigängern mehr als doppelt soviel Mitglieder in die gesamtdeutsche Partei ein wie die West-FDP mit 65.000 Mitgliedern. Wählerstimmen hatten die Ost-Parteien bisher nur 600.000, während die bundesrepublikanische FDP zuletzt von vier Millionen Bundesbürgern gewählt wurde. So ist es Lambsdorff gelungen, die gesamtdeutsche liberale Partei nicht von der an Mitgliedern stärkeren Ex-Blockpartei LDPD dominieren zu lassen.
Außer Wählerstimmen bringen die Ost-Parteien Guthaben mit in die vereinigte FDP: Ortleb sprach von Bargeldguthaben, die sich aus Wahlgeldern zusammensetzen. Die Partei werde sich jetzt von ihrer Betrieben trennen, die aus LDPD-Zeiten stammen. Zahlen nannte er nicht. Lothar Ramin von der zum liberalen DDR-Bündnis gehörenden Deutschen Forum Partei nannte 850.000 Mark. „Ein Schuldenproblem gibt es bei uns nicht“, betonte Lambsdorff in diesem Zusammenhang. Die West -FDP verfüge über ein Guthaben von einer Million Mark.
Die Liberalen fordern die möglichst schnelle Vereinigung mit der Bundesrepublik. Möglich sei auch der Termin der Landtagswahlen am 14. Oktober. Die wirtschaftliche Vereinigung soll die Probleme der DDR-Wirtschaft lösen. Investitionen werden erst in einer „einheitlichen rechtlichen Landschaft“ kommen, so begründet Lambsdorff die Eile des Beitritts der DDR nach Artikel 23. Es müsse auch weitere Zuwendungen aus der Bundesrepublik geben.
Karin Mayer
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