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Parteiübergreifend für Fristenlösung

■ Bei der ersten überparteilichen Fraueninitiative glänzten die CDUlerinnen durch Abwesenheit

Von Maxie Müller

Bonn (taz) - Herta Däubler-Gmelin gab sich wie immer aufgeräumt: „So eine hochkarätige Expertinnenrunde wie hier werden Sie in Gesamtdeutschland so schnell nicht wiederfinden.“ Das erklärte die stellvertretende SPD -Vorsitzende nach dem ersten Treffen einer parteiübergreifenden Fraueninitiative, die am Mittwoch abend in Bonn über die gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsparagraphen 218 beraten hat.

Immerhin: Unter den 35 geladenen Frauen waren zehn Landesministerinnen, acht Bundestags- und Volkskammerabgeordnete, die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes sowie die Vorsitzenden des Frauenrates, des Juristinnen- und des Ärztinnenbundes.

Sie alle waren sich einig: Zwar wird bei Schwangerschaftsabbrüchen für eine Übergangszeit unterschiedliches Recht gelten müssen, weil die Zeit für eine neue Regelung nicht ausreicht. Währenddessen aber muß das „Tatortprinzip“ gelten. Dieser Terminus besagt, daß für Frauen, die nach der deutschen Einigung auf dem Gebiet der DDR abtreiben, das dortige Recht - also die Fristenlösung gilt. Denn eine Übergangsregelung, bei der Frauen aus der Bundesrepublik für Abtreibungen in der DDR bestraft werden können, lehnen alle Politikerinnen strikt ab.

Auch in einem zweiten Punkt gab es Übereinstimmung. Im zweiten Staatsvertrag soll zumindest schon einmal die Richtung festgelegt werden, in die nach der Vereinigung weiterverhandelt werden soll. Die Eckpunkte für eine solche Absichtserklärung lauten: Straffreiheit für Abtreibungen bis zur 12. Woche und Rechtsanspruch auf Hilfe bei Schwangerschaftskonflikten. Nur über die Frage, ob die angebotene Beratung freiwillig oder obligatorisch (und wenn ja in welcher Weise) sein soll, gibt es noch Uneinigkeit. FDP, SPD und Grüne plädieren für eine Fristenlösung mit breitgefächertem, aber freiwilligem Beratungsangebot. Der Süssmuth-Vorschlag eines „Dritten Weges“, in dem sich viele CDU-Frauen wiederfinden, stieß bei dieser Frauenrunde dagegen mehrheitlich auf Kritik.

Auch die stellvertretende Vorsitzende der DDR-SPD, Angelika Barbe, will die Beratungspflicht auf keinen Fall akzeptieren. Denn nach anfänglicher Unsicherheit gibt es in der DDR jetzt wieder eine starke Mehrheit für die Beibehaltung der Fristenlösung. Neueste Umfragen haben gezeigt, daß 71 Prozent der Frauen dafür sind. Die Existenznot treibt Frauen verstärkt zur Abtreibung.

Die Liste der nicht anwesenden Damen an diesem Abend war übrigens nicht minder erlaucht. Weder Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth noch Frauenministerin Ursula Lehr (Wer ist die Dame eigentlich?) waren gekommen. Bis auf drei Volkskammerabgeordnete der CDU fehlten auch alle geladenen Unionsabgeordneten West. Nächste Woche, wenn die Frauenrunde weiterdiskutieren will, wollen sie ganz bestimmt dabei sein.

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