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Jetzt kommen die Untergrund-Reps

■ „Republikaner“ bereiten sich in Ost-Berlin auf den Wahlkampf in der „Legalität“ vor

Berlin. Während sich die großen Parteien in Berlin auf den mühsamen Vereinigungsprozeß ihrer Apparate vorbereiten, zeigen sich die derzeit als vierte Kraft im Westberliner Abgeordnetenhaus vertretenen „Republikaner“ siegessicher für die Landtagswahlen: Für den Fall, daß sie nicht doch noch in der DDR verboten werden, wollen sie Mitte September nach Ost -Berlin expandieren und dort in sämtlichen 49 Wahlkreisen Kandidaten aufstellen.

Der Geschäftsführer und Pressesprecher der Partei Thorsten Thaler zeigte sich gestern gegenüber der taz optimistisch, daß seine Partei Einzug ins Gesamtberliner Parlament halten werde. Beim Obersten Gericht der DDR wird derzeit noch ein Antrag von Volkskammerpräsidentin Sabine Bergmann-Pohl (CDU) geprüft, die Reps in der DDR verbieten zu lassen. Dem Verfahren werden allerdings nur wenig Erfolgschancen eingeräumt.

Das Landeswahlgesetz, das die Westberliner Innenverwaltung den Parteien vorgelegt hat, sieht vor, daß Parteien nur dann von der Wahl ausgeschlossen werden können, wenn sie vom Bundesverfassungsgericht oder dem Obersten Gericht der DDR verboten worden sind. Selbst wenn letzteres noch ein Verbot der Reps erlassen würde, ist im aktuellen Verhandlungsmarathon um die Rechtsangleichung unklar, ob mit dem Beitritt der DDR zum Grundgesetz nicht die Rechtsauffassung der Karlsruher Richter bindend würde.

In Ost-Berlin sind nach Thalers Angaben 150 Menschen „illegale“ Mitglieder der Reps. Sie seien überwiegend 25 bis 30 Jahre alt und männlichen Geschlechts. Auf diese Altersgruppe soll auch der Wahlkampf zielen. Mitte September, nach einem Landesparteitag, sollen in allen Stadtbezirken Kreisverbände gegründet werden. „Die fertige Wahlkampfkonzeption haben wir bereits in der Schublade liegen“, erklärte Thaler. Motto des Wahlkampfs: „Berlin muß deutsch bleiben“. Schwerpunkt des Wahlkampfes soll die Ausländerpolitik sein mit dem Ziel, die Zahl der in Berlin lebenden Ausländer um die Hälfte zu verringern.

Damit sei auch gleich ein zweites Problem gelöst: Der Wohnungsnot in Berlin wollen die Reps nicht „durch eine Steigerung des Angebots, sondern durch eine Senkung der Nachfrage“ begegnen. Das heißt, in freiwerdende Wohnungen von Ausländern, die abgeschoben werden sollen, sollen dann Deutsche einziehen. Thaler zeigte sich optimistisch, daß man ein Ausdehnen auf Ost-Berlin personell durchstehen werde obwohl beispielsweise von den ursprünglich elf Abgeordneten im Schöneberger Rathaus nur noch acht übriggeblieben sind.

Die kürzlich erhobene Emnid-Umfrage (die taz berichtete) verhieß den Reps ein Scheitern an der Fünfprozentklausel. Bei der „Sonntagsfrage“ („Wem würden Sie bei einer Wahl am nächsten Sonntag ihre Stimme geben?“) erhielten sie in West -Berlin vier, in Ost-Berlin nur ein Prozent der Stimmen.

kd

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