: Berufssoldaten ohne Vertrauen
■ Die politische Führung der DDR hat in den Augen der NVA-Berufssoldaten ihren Vertrauensvorschuß verspielt / Kein klares Bekenntnis des Ministerpräsidenten zur Zukunft der Armee
Berlin (dpa/taz) - Ihren Vertrauensvorschuß hat die politische Führung der DDR aus Sicht der Berufssoldaten mittlerweile verspielt.
Weder gebe es ein „klares Bekenntnis des Ministerpräsidenten“ zur Zukunft der Nationalen Volksarmee (NVA), noch habe die Ostberliner Regierung ein Konzept, wie die Landesverteidigung im vereinten Deutschland aussehen soll, kritisierte der Vorsitzende des DDR-Verbands der Berufssoldaten (VBS), Eckhard Nickel, am Dienstag vor Journalisten in Ost-Berlin.
Vom Verteidigungsminister Rainer Eppelmann (CDU) forderte der Verband „klare politische Entscheidungen“. Auch der Vertrauenskredit der Armee für ihren Minister sei fast aufgebraucht, die Unsicherheit wachse. Bisher habe es keine Beratungen zwischen Eppelmann und der militärischen und politischen Führung der Truppen gegeben.
Aufgrund ihrer friedensbewahrenden Rolle während der Herbstrevolution im vergangenen Jahr hätten es die NVA -Soldaten nicht nötig, „auf dem Koppelschloß in die deutsche Einheit zu kriechen“. Die Pläne der Bonner Hardthöhe machten die Armeeangehörigen der DDR zu „Soldaten zweiter Klasse“ und seien darum nicht akzeptabel. Nickel warnte vor einer Diskriminierung der NVA gegenüber der Bundeswehr. Dies und ein „Abseitsstellen ins soziale Aus“ könne zu „sozialem Zündstoff“ mit unkontrollierbaren Folgen führen.
Sein rund 46.000 Mitglieder umfassender Verband werde in zentralen Forderungen vom Bundeswehrverband unterstützt. Beide Interessenorganisationen strebten „in absehbarer Zeit“ ihren Zusammenschluß an. Arbeitsgruppen beider Seiten werden sich erstmals am 24.August zu einer gemeinsamen Sitzung treffen. In einer gesamtdeutschen Armee müsse die NVA zahlenmäßig dem Bevölkerungsanteil der DDR entsprechend vertreten sein, forderte Nickel. Hier seien 70.000 Mann eine „reale Zahl, für die wir kämpfen werden“. Desweiteren könnte somit eine Brücke zu den osteuropäischen Armeen geschlagen werden. Nach der Vereinigung sollten die Streitkräfte auf den ehemaligen DDR-Gebiet nicht der Nato unterstellt werden. Der nach den Planungen von Bundesverteidigungsminister Gerhard Stoltenberg (CDU) sollen in einer auf 370.000 Soldaten reduzierten Bundeswehr nur 50.000 NVA-Angehörige dienen.
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