Tresengespräch Rinderseuche

■ „Jede vierte bis sechste Kundin verunsichert“ / Mehrumsatz beim Bio-Schlachter

Im Schaufenster der Fleischerei Eckel (Ostertorsteinweg) klebt ein großes, mit Filzstift beschriebenes Schild: „Wir verkaufen nur Rindfleisch aus Deutschland.“ Das Schild tut nötig im Bremer Ostertor im Zeitalter der Rinderseuche. Geschäftsfrau Heide Eckel, die bereits einen sommerlichen Umsatzrückgang registriert hat: „Die Kunden sind verunsichert. Unsere Stammkunden wissen aber, daß wir sowieso nur deutsches Rindfleisch haben und nur auf dem Bremer Schlachthof einkaufen.“

Willi Sauerwein, der täglich auf dem Domshof „junges, zartes Fleisch“ anbietet, das er mit seinem „Fachauge“ ausgesucht hat: „Fast jeder vierte bis sechste Kunde ist verunsichert. Es kommen ganz gezielte Fragen: 'Kommt das Fleisch aus England? Schlachten Sie selber?'“ Willi Sauerwein, der im Bremer Schlachthof und im Bremer Umland seine Rindfleischhälften einkauft, hat in der letzten Zeit weniger Umsatz gemacht. Er könne nicht sagen, was die Ursache für diesen Rückgang gewesen sei:

„Ob es an der starken Hitze lag, an der Urlaubszeit oder an der tierischen Krankheit.“ In den Fachkreisen jedenfalls werde damit gerechnet, daß der Umsatz infolge der Rinderseuche um zwanzig Prozent zurückgehen werde. Sauerwein selbst atmete gestern, dank der kühleren Außentemperaturen auf: „Der Bürger ist wieder hungriger geworden.“

In den Einkaufsmeilen Söge- und Obernstraße war und ist der Kundschaft der Appetit aufs saftigrote Rindfleisch vorerst überhaupt nicht vergangen: Bei „Bor

chers“ (Sögestraße) wird zwar „viel nachgefragt, ob es kein britisches Fleisch ist“, aber auch weiterhin viel gekauft.

Zwar werden inzwischen in fast allen Läden Angaben über die Herkunft der verarbeiteten Tiere gemacht, die Bremer Verkäufer sind dabei jedoch ganz auf die Angaben ihrer Zulieferer angewiesen. Mit Ausnahme der Bio-Schlachter. Ein Umsatzplus beim Rindfleisch verzeichnet denn auch die Bio -Schlachterei Raab am Buntentorsteinweg: Fleischereifachverkäuferin Ute Wellbrock: „Wir merken das sehr.“ Ein Drittel der Kunden seien neu. Die gesundheitsbewußte Kundschaft muß bei Raab für's Kilo Rindfleisch rund 50 Prozent mehr bezahlen.

Einer der Raab-Lieferanten, der Bio-Bauer H.J. Schritt, ist davon überzeugt, daß die vermutlich durch das Verfüttern von Schafs-Tiermehl entstandene Rinderseuche vor seinem Bio -Bauernhof halt macht: „Wir haben einen geschlossenen Betriebskreislauf. Was bei uns an Tieren aufwächst, ist lediglich von den Futtermitteln großgeworden, die hier im Betrieb erzeugt wurden: Heu aus Klee, Gras und Luzerne, Hafer- und Bohnenschrot sowie im Sommer freier Weidegang auf natürlich gedüngten Flächen.“

Bio-Bauer H.J. Schritt ist jedoch skeptisch, ob ein Skandal wie die Rinderseuche seine ZeitgenossInnen zum Umdenken bringen wird: „Die Leute kriegen einen Schreck, kommen schnell zwei Bio-Kotelett kaufen und nach vier Wochen ist alles vergessen.“

Barbara Debus