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Mit Ausländern Bier trinken?

■ Neue Umfrage zur Ausländerfeindlichkeit: Alles halb so schlimm? / Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen in West-Berlin gesunken

Berlin. „Würden Sie einen Ausländer zu sich nach Hause einladen oder ihn besuchen?“ Nein, antworteten 23 Prozent der Befragten in Ost- und 28 Prozent in West-Berlin. Auf jeden Fall, meinten 32 Prozent der OstberlinerInnen und 28 Prozent der WestberlinerInnen. Zum gemeinsamen Bier ist immerhin rund die Hälfte in Ost und West bereit. „Unter keinen Umständen“ wollen 13 Prozent der Ostler und jeder fünfte der Westler (21 Prozent) mit einem Nichtdeutschen anstoßen, ergab die Emnid-Umfrage zum Thema Ausländerfeindlichkeit. Befragt wurden im Juni 1.353 BürgerInnen erstmals in Ost-Berlin und 1.505 WestberlinerInnen unter extrem unterschiedlichen Voraussetzungen: Rund 380.000 Nichtdeutsche leben in West -Berlin, im Ostteil der Stadt sind es rund 20.000.

Das Schöne an solchen Umfragen: jeder kann sich die Interpretation herauslesen, die er gerade braucht. So frohlockte West-Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John: laut Emnid sind sich 60 Prozent der OstberlinerInnen und 53 Prozent der WestberlinerInnen einig, daß das Zusammenleben mit AusländerInnen „kulturelle Vielfalt mit sich bringt“. Vor allem, so John, habe die Umfrage das Stereotyp widerlegt, wonach in Ost-Berlin eine weitverbreitete ausländerfeindliche Gesinnung herrsche. Darüber ließ sich leicht vergessen, daß jeder Vierte in Gesamt-Berlin die kulturelle Vielfalt nicht ins eigene Wohnzimmer lassen will.

Zu einer deutlich nüchterneren Einschätzung gelangte Dr. Saleh Hussain, Mitarbeiter der Ostberliner Ausländerbeauftragten Anetta Kahane. Zwar wehrt sich auch Hussain gegen die klischeehafte Stigmatisierung der OstberlinerInnen als Ausländerfeinde. Allerdings seien die mehrheitlich positiven Antworten weniger eine Frage der tatsächlichen Akzeptanz als des ramponierten Images. „Die Mehrheit will nicht als ausländerfeindlich gelten.“ Diese Erklärung hält auch Lutz Erbring, Professor für Publizistik an der FU und Experte für empirische Kommunikationsforschung, für plausibel. Das Ostberliner Umfrageergebnis könne eine „kollektive Verteidigung gegen einen bösen Vorwurf sein“.

Hocherfreut zeigte sich die Ausländerbeauftragte über das Ergebnis zu Frage 13: Würden Sie für einen Türken Partei ergreifen, der in der U-Bahn unberechtigt von einem Deutschen beschimpft wird? Mit Ja antworteten da 53 Prozent der WestberlinerInnen und 62 Prozent der OstberlinerInnen - für Hussain blanke Theorie. „Unsere Erfahrungen zeigen: die Leute schauen zu oder weg.“

„Es geht hier um Einstellungsfragen“, erklärt Erbring. Im „Ernstfall“ verhalten sich die Befragten womöglich ganz anders. Mehr Aufschluß gibt folglich der Anteil der Befragten, die laut Umfrage nicht Partei für den attackierten Ausländer ergreifen würden. Das sind unter den Westberliner Befragten deutlich mehr, nämlich 42 Prozent, als bei den OstberlinerInnen mit 35 Prozent.

Die Bereitschaft zur Aufnahme politischer Flüchtlinge bei den WestberlinerInnen, auch bei den Jüngeren, ist im Vergleich zum Vorjahr von 49 auf 34 Prozent gesunken. Thomas Schmidt, Asylexperte von amnesty international und zur Zeit Mitarbeiter bei der Ostberliner Ausländerbeauftragten, sieht die Gründe im Übergewicht deutsch-deutscher Themen in den Medien. „Je weniger über die Zustände zum Beispiel in Sri Lanka oder Äthiopien berichtet wird, desto weniger erscheint es den Menschen hier einleuchtend, warum man diese Flüchtlinge aufnehmen muß.“

anb

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