„Die Streitkräfte wollen stabile Verhältnisse“

■ Fareeda Saheed, engagierte Mitstreiterin des Women Action Forums (WAF) in Lahore, zu den Hintergründen des pakistanischen Staatsstreichs

INTERVIEW

taz: Welche Motive haben Präsident Ishak Khan und die Militärs für den unverhofften Staatsstreich?

Fareeda Saheed: Zwischen Militär, Frau Bhutto und dem Präsidenten war ein Machtkampf im Gange. Offensichtlich haben sich Ishak Khan und die Militärs geeinigt. In der Sindh-Provinz verlangen die Militärs Befugnisse, nicht nur Verhaftungen vornehmen, sondern auch gerichtliche Untersuchungen anstrengen zu dürfen.

Legen es die Militärs in der Kaschmir-Frage auf eine militärische Konfrontation an?

Nein, bestimmt nicht. Doch die Gefahr, daß etwa Indien in die Offensive geht, ist schon für September, wenn die Trockenzeit kommt, nicht mehr auszuschließen. Und deshalb wollen die Streitkräfte im Inneren stabile Verhältnisse.

Halten Sie es für wahrscheinlich, daß Wahlen tatsächlich zum anberaumten Zeitpunkt, am 24. Oktober, abgehalten werden?

Es ist noch zu früh, um das zu beurteilen. Es kommt auch sehr darauf an, welche Personen nach Auflösung der Provinzregierungen eingesetzt werden. Womöglich wird man aber versuchen, eine Kandidatur Benazir Bhuttos zu verhindern.

Gibt es solche Tendenzen auch innerhalb der PPP?

Es ist nicht auszuschließen, daß einige der PPP-Mitglieder abtrünnig werden, zumal Mustafa Khar zur neuen Ministerriege zählt. Er war Provinz-Minister unter Bhuttos Vater auf seiten der PPP. Gleichwohl kandidierte er schon während Zulfikar Ali Bhuttos Amtszeit gegen ihn. Schließlich hat er die Partei verlassen und kehrte erst vor ein paar Monaten zur Volkspartei zurück.

Eine ähnliche Karriere hat auch Interimspremier Mustafa Jatoi hinter sich?

Auch Jatoi war ein einflußreiches Mitglied der PPP-Partei und stand Khar sehr nahe. Die beiden haben vor zwei Jahren die National Peoples Party gegründet. Die NPP ist zwar keine starke Partei, aber man kann sich vorstellen, daß sich einige PPP-Mitglieder von diesen Kräften abziehen lassen. Parlamentssprecher Khalid hat bereits verlauten lassen, daß er sich eher der PPP als Benazir Bhutto verpflichtet fühle. Vielleicht kommt es auch zum Bruch innerhalb der PPP.

Wird sich nun Übergangspremier Jatoi oder Nawaz Sharif, der Verlierer der Wahlen von 1988 und Ministerpräsident des Pandschabs, bei den Wahlen aufstellen lassen?

Jatoi würde gerne, hat aber keine Chance. Der ausgemachte Premier heißt Nawaz Sharif, aber warten wir ab, unter welchen Umständen es zu Wahlen kommt.

Interview: Simone Lenz

Fareeda Saheed ist Koautorin von „Two steps forward and one step back„/zed-Press