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Saufen fürs Bundeskriminalamt

Mit 3,34 Promille Alkohol im Blut ist am Montag im Saarland ein 44jähriger Autofahrer aus dem Verkehr gezogen worden. Nach Auskunft der Polizei waren selbst „abgehärtete“ Beamte der Zivilstreife von diesem „Ereignis“ überrascht. Ihre Verblüffung steigerte sich noch, als sie die Papiere des Mannes kontrollierten: Der Besitzer eines Taxi- und Mietwagenunternehmens besaß seit

Ende 1988 keinen gültigen Taxischein mehr. Ob der Mann seitdem noch Fahrgäste befördert hat, werde noch überprüft, teilte ein Polizeisprecher mit. Der durstige Mann ist also seinen Job los. Vielleicht sollte er sich in Wiesbaden beim BKA bewerben, dort werden gestandene Trinker gebraucht. Im Bundeskriminalamt haben sie gerade 40 Polizisten systematisch betrunken gemacht. Es handelt sich bei dieser Aktion natürlich nicht um eine strafbare Handlung, sondern um eine wissenschaftliche Untersuchung. Es soll die Frage geklärt wer

den, ob eine auf Tonband aufgezeichnete Stimme nachweislich Anzeichen eines Alkoholeinflusses aufweist. Bisheriges Ergebnis: Von 0,8 Promille Blutalkohol an zeigten die Testpersonen „erhebliche Ausfälle“. Ab 1,2 Promille ging die Fähigkeit, komplexe Sätze zu planen und Sachverhalte zu beschreiben, verloren. Die Wissenschaftler spielten die Sprachproben der besoffenen Polizisten Versuchspersonen vor, denen nicht bekannt war, ob sie betrunken oder nüchtern gesprochen worden waren. Die sprachwissenschaftlich nicht Ge

bildeten konnten ziemlich zuverlässig die betrunkene von der nüchternen Rede unterscheiden. Das BKA betonte aber, daß die Ergebnisse nur für Personen mit „normalem“ Trinkverhalten gelte, also nicht für chronische Alkoholiker. Diese könnten den Alkoholeinfluß auf Sprache und Sprechen „noch bis zu erstaunlich hohen Alkoholspiegeln kompensieren“.

Man kann den Beamten, die da im Dienste der Wissenschaft Alkoholmißbrauch treiben, nur ehrlichen Respekt zollen. Prost Jungs, wir fühlen mit euch!

Karl Wegmann

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