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Deutschlanddebatte: Neue grüne Töne

■ Altparteien im Clinch / Vollmer: Demokratische Vision neuer Weltmacht

Berlin (taz) - Der große Kandidatenstreit, die dramatische Eröffnung des gesamtdeutschen Wahlkampfes fand gestern im Bundestag nicht statt. Tumult, Niedertracht und wechselseitige Demagogievorwürfe gab's reichlich. Der Kanzler trat nicht an, sondern schickte seine Minister Theo Waigel und Helmut Seiters sowie CDU-Generalsekretär Volker Rühe vor.

Nachdem in der Nacht zuvor die Volkskammer keine Zweidrittelmehrheit fürs Wahlgesetz zustandebrachte, ging es im Bundestag ohnehin nicht um Entscheidungen. Und Oskar Lafontaines Abrechnung wurde von Antje Vollmers (Grüne) Anspruch auf einen politischen Generationswechsel in den Schatten gestellt. Die grüne Politikerin sah in der neuen „Weltmachtrolle“ des vereinten Deutschland die Pflicht „für eine zivile Zukunft der Deutschen“ zu kämpfen. Die „politische Klasse“ der BRD und Kohl, das „personifizierte Ätsch“, habe versagt. Vereinigung heiße, aus der Erfahrung „linker und rechter Diktatur“ zu lernen. Die Art, wie Bonn die DDR sanieren wolle, „riecht nach Kommandowirtschaft“, nach „Sozialismus mit kapitalistischen Antlitz“.

Lafontaines Infrastrukturprogramm und sein Aufrechnen der wirtschaftspolitischen Fehlentscheidungen der Regierung in Sachen Währungsunion hingegen brachte nur die bekannten Vorwürfe: „Neidkampagne“ gegen die SPD und „Täuschungsmanöver“ gegen die CDU. SPD und Regierung waren sich einig: Die jeweils andere Partei mißachten die „Sorgen und Ängste der Menschen in der DDR“. Der Streit um Wahltermin - 14.Oktober oder 2.Dezember - blieb in Demagogie stecken: Lafontaine fordert einen gesamtdeutschen Haushalt vor der Wahl. Regierung besteht auf einem Junktim von Wahl und Beitritt.SEITEN 2 UND 4 KOMMENTAR SEITE 1

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