: Nervöse Spannung in der Türkei
■ Truppenkonzentration im irakisch-türkischen Grenzgebiet / Ständig Testflüge
Istanbul (taz) - Die türkische Nationalversammlung trat gestern zu einer außerordentlichen Krisensitzung zusammen, um die Situation nach dem internationalen Embargo gegen den Irak zu beraten. Die Beratungen dauerten bei Redaktionsschluß noch an. Man geht in Ankara davon aus, daß der Regierung die Vollmacht erteilt wird, ohne parlamentarischen Beschluß Krieg zu erklären.
Nach der schnellen türkischen Entscheidung, sich dem Embargo des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gegen den Irak anzuschließen, eskaliert die Situation im irakisch -türkischen Grenzgebiet. Beobachter berichten von der Verlegung irakischer Panzerkolonnen ins Grenzgebiet. Die Türkei hat ihrerseits Truppenverbände aus West- und Mittelanatolien in der Region zusammengezogen. Ununterbrochen starten vom Militärstützpunkt Incirlik Testflüge, an denen sich türkische F-16-Bomber und F-111 -Bomber der US-Luftwaffe beteiligen. Der irakische Botschafter in Ankara protesierte gegen die Verletzung des irakischen Luftraums durch drei türkische Kriegsflugzeuge.
In den vergangenen vier Tagen passierten über 4.000 türkische Öllaster ohne Ladung die irakisch-türkische Grenze. Die in der Türkei eintreffenden Fahrer berichten über kilometerlange Schlangen. Deutsche, Franzosen und Japaner, die ebenfalls versucht hätten, über den Grenzpunkt Habur in die Türkei zu gelangen, seien von den irakischen Behörden daran gehindert worden.
In einer aufsehenerregenden Pressekonferenz am Samstag faßte Staatspräsident Turgut Özal die türkische Position zu dem Konflikt zusammen. „Ich hoffe, daß das Enmbargo ohne Blutvergießen die Probleme löst. Aber falls der Irak einen Fehler begeht, kann das Unausweichliche eintreten. Für diesen Fall muß man vorbereitet sein.“ Özal bestritt, dem US -Außenminister Baker gegenüber Zusagen für die Nutzung des Luftwaffenstützpunktes Incirlik im Falle einer US -Militärintervention gegen den Irak gegeben zu haben. An eine Teilnahme türkischer Kontingente an den multi -nationalen Truppenverbänden wird gegenwärtig nicht gedacht.
Ömer Erzeren
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen