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Bremer Chaos: Letzte Runde?

■ Das Ensemble von „Chaos in Manaos“ kämpft unverdrossen gegen das Omen von seinem Nomen / Gespräch mit Sally Williams

Taz: Das Ensemble spielt jetzt auf eigene Rechnung weiter, nachdem sich Produktionsfirma und Regisseur zurückgezogen haben. Was versprecht ihr euch davon?

Sally Williams (Schauspieler, der die Rolle der Senhora Gonzaga verkörpert und das Stück mitproduziert hat): Die Zuschauerzahlen waren nicht so hoch wie erhofft, und vor zwei Wochen war das Geld alle. Außerdem war der

Regisseur Frank Jungermann von dem ganzen Flop so gestresst, daß er aufhören wollte. Aber der größte Teil des Ensembles wollte noch weiterspielen, und es kommt ja auch noch soviel Publikum, daß ein paar Mark für jeden von uns übrigbleiben.

Wie geht das mit einem kleineren Ensemble?

Es sind vier Schauspieler ausgestiegen. Die zwei Hauptrollen

„Fantom“ und „junge Sängerin“ konnten wir ganz schnell neu besetzen. Der Tenor spielt jetzt auch noch die Rolle des Assistenten mit und den Erzähler haben wir weggelassen.

Die Rolle war ja auch ein Schwachpunkt des Stückes. Wenn in einem Musical ein Erzähler alles erklären muß, kann der Autor nicht gut erzählen.

Wir haben auch bald gemerkt, daß diese Rolle beim Publikum nicht gut ankam. Und wir verändern auch immer noch. Eine Opernszene haben wir zum Beispiel ganz rausgenommen, und die anderen spielen wir jetzt als Voll-Playback.

Da wußte man ja auch nie, ob es parodistisch oder ernst gemeint war. Statt bei Fitzcarraldo und bei Opernaufführungen hätte der Regisseur vielleicht eher bei „A Night at the Opera“ von den Marx Brothers abkucken sollen.

Der Frank ist ein Opernfan, und deshalb hat er da beim Inszenieren Scheuklappen gehabt und diesen Aspekt zu ernst genommen. Die Rolle der Operndiva ist jetzt aber neu besetzt mit einem Kollegen von mir, der Travestie macht, und auch durch andere Änderungen kommen diese Szenen mehr auf die komische Schiene.

In eurer Pressemitteilung heißt es, der Regisseur sei enttäuscht vom Ensemble und unzufrieden. Gab es da großen Krach?

So dramatisch war das nicht. Der Frank hat seinen Frust zum Teil auf des Ensemble projiziert, und bei uns ist diese Stimmung dann auch zurückgeschlagen. Die Trennung war dann wohl das beste.

Und ihr werdet jetzt vielleicht noch bis zur letzten Vorstellung Sachen ändern?

Wir meinen, grundsätzlich ist das Stück es wert. Es gibt eine vage Idee, zusammen mit dem Hamburger Klecks-Theater eine Revuefassung zu machen. Die Songs sind gut, und zusammen mit kurzen, prägnanten Szenen würde das ein Gastspielprogramm von zweimal 30 Minuten

geben, mit dem wir dann tingeln gehen könnten.

Wie lange wollt ihr euch jetzt noch dem Chaos stellen?

Erstmal noch zwei Wochen, und wenn genug Leute kommen, verlängern wie noch. Die Fixkosten sind nicht so hoch, und was übrigbleibt, wird prozentual verteilt. Dabei werden wir nicht reich, aber wir haben trotz allem noch Spass daran. Die Schauspie

ler haben vorher vier, fünf Wochen unbezahlt geprobt, und ich habe da ein halbes Jahr Arbeit reingesteckt. Da habe ich einfach nicht eingesehen, daß wir das Ganze jetzt völlig den Bach runter gehen lassen. Dem Publikum hat es ja gefallen.

Wilfried Hippen

Das „Chaos in Manaos“ läuft im Modernes je Mittwoch, Freitag und Sonntag um 20 Uhr.

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