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BGH: Zeugnisverweigerungsrecht für Geistliche erweitert

Karlsruhe (dpa) - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Zeugnisverweigerungsrecht von Geistlichen in terroristischen Ermittlungsverfahren deutlich erweitert. Begründe der Geistliche die Zeugnisverweigerung damit, daß er als „Seelsorger“ von bestimmten Tatsachen erfahren habe, könne ihm diese Gewissensentscheidung „in Zweifelsfällen“ ein Zeugnisverweigerungsrecht geben, entschied der BGH (Aktenzeichen: StB 10/85 - Beschluß vom 20. Juli 1990). Damit wurde die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 500 Mark durch den Generalbundesanwalt gegen einen evangelischen Studentenpfarrer der rheinischen Landeskirche aufgehoben.

Der Pfarrer war am 6. Mai 1990 in seiner Wohnung von einem Unbekannten angerufen worden, der ihm mitteilte, daß „wir von den Revolutionären Zellen“ einen Sprengsatz am Amt für Öffentliche Ordnung in Köln angebracht hätten, der nicht explodiert sei. Der Anrufer bat den Pfarrer, die Polizei zu verständigen, damit der Sprengsatz entfernt und Schaden abgewendet werde. Dieser Bitte kam der Geistliche nach.

In dem Ermittlungsverfahren weigerte er sich jedoch als Zeuge, Fragen zu beantworten, die zur Identifizierung des Anrufers hätten beitragen können. Daraufhin verhängte der Generalbundesanwalt gegen ihn ein Ordnungsgeld von 500 Mark.

Dem Urteil zufolge hängt das Zeugnisverweigerungsrecht davon ab, ob dem Pfarrer Tatsachen in seiner Eigenschaft als Seelsorger bekannt geworden sind. Dies stehe hier zwar nicht fest, sei jedoch möglich. Angesichts dessen müsse die Überzeugung des Pfarrers hingenommen werden, „er sei auch in seiner Funktion als Pfarrer und damit in seiner Eigenschaft als Seelsorger angerufen worden“.

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