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Krepel-Zeitung?

■ betr.: "Polit-Winzling, Krepelverein, bedeutungs- und substanzlose Ost-Grüne", DDR-taz vom 3.8.90

betr.: „Polit-Winzling, Krepel-Verein, bedeutungs- und substanzlose Ost-Grüne„

DDR-taz vom 3.8.90

Ob die DDR-taz eine Krepel-Zeitung ist und bleibt, hängt für mich und andere davon ab, wie in den nächsten Tagen eine Entschuldigung für den „Krepel-Verein“ erfolgt.

Völlig unklar ist mir, warum Ihr als Presse-Winzlinge von Anfang an versucht habt, die DDR-Grünen zu diffamieren statt zu unterstützen. Sollen das Profilierungsbemühungen sein, oder stehen persönliche Animositäten im Hintergrund?

Sicher gibt es auch in der Grünen Partei der DDR bedeutungs - und substanzlose Leute. Wo gibt es die nicht (in der taz)?

Nur - durch Eure Pauschal-Beschimpfungen diffamiert Ihr vor allem Tausende von engagierten Basis-Frauen und -Männern, die in Umwelt-, Frauen-, Friedensgruppen usw. schon oppositionelle Arbeit geleistet haben, als einige der heute prominenten Bürgerrechtler (und auch DDR-taz -MitarbeiterInnen) sich noch bei der SED sehr wohlgefühlt haben.

Und wieso eigentlich versucht Ihr dauernd den Eindruck zu erwecken, die DDR-Grünen seien an Herbst-Ereignissen '89 nicht positiv beteiligt gewesen?

In wessen Auftrag macht Ihr schon wieder Wahlkampf gegen die Grüne Partei?

Dies alles würde mich schon sehr interessieren. Vermutlich aber wird mein Brief von Euch genauso ignoriert wie andere ähnliche vorher.

Die Tatsache, daß viel viel mehr Leute diesen „Krepel -Verein“ gewählt haben und noch mehr wählen werden, als Eure Krepel-Zeitung je lesen werden, ist schon gut zu wissen.

Carl-Heinz Grabe, Eisenach (DDR)

(...) Staatsvertrag und Wahlvertrag - weg sind Hammer und Zirkel, folgen soll das Symbol „Schwerter zu Pflugscharen“.

Die Opposition der DDR wurde und wird auf das „parlamentarisch verträgliche Maß“ zurückgestutzt. Zusätzlich liefern dank einer klug oder dumm angelegten Meinungsmache - es kommt bei der Bewertung auf den Standpunkt zur Gesamtheit der DDR-Oppostionen an - die Bornhöfts und KollegInnen (ausgenommen sei an dieser Stelle Beate Seel) den LeserInnen das Bild einer zerstrittenen Bewegung plus den journalistischen Rufmord an einer kleinen Oppositions-Partei.

Als so manche(r) Grüne sich „damals“ noch bei Demokratie Jetzt oder im Neuen Forum unter anderem für Pressefreiheit einsetzte, dachten wir eigentlich an einen verantwortungsbewußten Journalismus. Oder sollte den Damen und Herren der Circulus vitiosus nicht klar sein, den sie mit ihrer tendenziösen Anti-DDR-Grünen-Schreiberei in Gang setzen?! Das von Ihnen und anderen Grünen-Verächtern -Ablehnern geschaffene Negativ- oder Nullbild wird dann mit „unschuldigem“ Triumphgeschrei als Bestätigung für den vorherigen Verriß benutzt.

Nehmen wir das Kommentarverhalten im Zusammenhang mit dem gesamtdeutschen Wahlgesetz als Beispiel: Wenn es da eine „Krepel-Partei“ gibt (TAZ, Bornhöft, 3.8.90), dann ist es die CDU, die als zuletzt gewendete Blockflöte sich zum Konkursverwalter eines demoralisierten Wirtschafts- und Staatswesens und zum Totengräber der BürgerInnenbewegungen macht, tatkräftig assistiert von einer SPD, die sich gleich alle politische Konkurrenz auf diese Weise vom Halse zu schaffen gedenkt. Daß die Grüne Partei der DDR die einzige Partei war, die von Anfang an gegen jede Sperrklausel (und nicht nur wegen sich selbst) sowie für Listenverbindungen konkurrierender Parteien/Gruppierungen eingetreten ist und, was noch viel mehr Gewicht hat, seit Wochen mit den VertreterInnen der BürgerInnenbewegungen in einem Diskussions- und Verhandlungsprozeß um ein von allen zu tragendes Wahlbündnis steht, wird in seinem positiven Gehalt völlig ignoriert.

Viel mehr wird so getan, als trügen wir Mitschuld daran, daß die BürgerInnenbewegungen nur auf Listenplätzen anderer Parteien antreten können.

Was die favorisierte Wahlpartei angeht, so sollten sich die BefürworterInnen erstmal umfassend informieren, indem sie sich zum Beispiel mit Dr.Merkel, dem juristischen Berater von Demokratie Jetzt, der letztens in der taz zu Worte kam, unterhalten. Dieser äußerte beim großen Runden „Wahlbündnistisch“ der Opposition erhebliche rechtliche Bedenken gegen diese Konstruktion.

Nun zur „Bedeutungslosigkeit und Substanzlosigkeit“ der DDR -Grünen. Wer Bedeutsamkeit nur an der Medienpräsenz und, noch enger gefaßt, nur an der Präsenz in der eigenen Zeitung festmacht, sollte sich vielleicht mit dem Sinn des Wortes nochmals auseinandersetzen.

In vielen Kreis- und Gemeindeparlamenten arbeiten Grüne mit an der Bewältigung des desolaten ökologischen und ökonomischen Zustandes der DDR.

Die acht Grünen Abgeordneten der Volkskammer-Fraktion arbeiten hart an der „parlamentarischen Schadensbegrenzung“, und wer sich der Mühe genauer Recherchen unterziehen würde, könnte bei der Berichterstattung von so mancher außerparlamentarischen Aktion feststellen, daß Grüne nicht selten aktiv daran beteiligt sind.

Es ist äußerst fragwürdig, wenn nicht das Wahlgesetz und seine VerursacherInnen in größtmöglicher Schärfe aufs Korn genommen werden, sondern impliziert wird, daß die Bundes -Grünen ja nur mit den BürgerInnenbewegungen zu gehen und die DDR- Grünen außen vor zu lassen brauchten, dann wäre alles bestens.

Wer so unüberlegt argumentiert, redet den Bruch der oppositionellen Bewegungen in der DDR das Wort und hat somit das politisch-moralische Recht verwirkt, über die Opposition der DDR zu urteilen.

Die Grüne Partei ist, trotz aller noch so polemischer Ignoranz, die den BürgerInnenbewegungen in ihrer Gesamtheit (nicht nur einigen prominenten VertreterInnen) am nächsten stehende oppositionelle Gruppierung/Partei; sie war bestandteil der Wende und ist ein Teil der Oppositionsbewegung, inner- und außerparlamentarisch.

Christine Weiske, Mitglied des Vorstandes der Grünen Partei der DDR

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