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Wenig Neues im Fall Cecilienhof

■ Verübten Westberliner den Brandanschlag auf das Schloß? / Volkspolizei in Potsdam ist bei der Aufklärung völlig überfordert: Waren es rechte oder linke Täter?

Potsdam. Mit der Aufklärung des Brandanschlages auf den Cecilienhof ist die Potsdamer Kriminalpolizei vollständig überfordert. Obwohl die Brandstifter in ihrem Bekennerschreiben ein Deutschland „in den Grenzen von '37“ forderten, wissen die Polizisten drei Wochen nach dem Anschlag nicht einmal, ob die Täter aus rechts- oder linksextremistischen Kreisen kommen. Harald Rothe von der Potsdamer Kripo überraschte gestern mit seiner Feststellung, daß der Bekennerbrief „nur schwer“ einer bestimmten politischen Richtung zuzuordnen sei.

Aufgrund bestimmter Formulierungen, „die bisher in der DDR nicht üblich waren“, vermutet Rothe, daß die Täter möglicherweise aus West-Berlin kommen, auch wenn die mehreren identischen Bekennerbriefe immer von der Ostberliner Post abgestempelt worden waren. Ein Rechtshilfeersuchen an den Westberliner Staatschutz ist gestellt. Bei dem Anschlag auf das Schloß, in dem 1945 die Potsdamer Konferenz über die Zukunft Deutschlands stattfand, entstand ein Schaden von 200.000 DM.

Allgemein sei in Potsdam die Kriminalität im Vergleich zum Vorjahr mit zehn Prozent nur gering gestiegen, berichtete Polizeisprecher Wolfgang Marczak auf der gestrigen Pressekonferenz. Um dem Aufbruch von Autos und dem Handtaschenraub besonders auf der Brandenburger Straße Herr zu werden, hat die Kripo seit vergangenen Montag zwölf Zivilfahnder im Einsatz.

Probleme bereitet auch die zunehmende Bewaffnung von Bürgern. 1989 hatten 200 Potsdamer beantragt, eine Schußwaffe erwerben zu dürfen, im ersten Halbjahr dieses Jahres waren es bereits knapp 5.300 Anträge.

Dirk Wildt

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