: Bauern gegen Giftmüll
■ Müllverbrennungsanlage in Polen gestürmt und zerstört / Müll aus Österreich sollte hier verbrannt werden
Warschau (taz) - Ein Giftmüllskandal aus dem Jahre 1988 zieht in Polen bis heute Kreise. Damals hatte die Wiener „Industrieabfallverwertung“ des Müllschmugglers Michael Messany mehrere tausend Fässer mit falsch deklariertem Sondermüll nach Polen gebracht, wo sie verschwanden. Erst nach und nach gelang es den polnischen Behörden, die als „Rohstoffe“ und „Wirtschaftsgüter“ bezeichneten Lieferungen überall im Land zusammenzusammeln.
Die Abfälle, die überwiegend Farb- und Lackreste, Lösungsmittelrückstände und Altbatterien enthalten, wurden inzwischen nach Slubow in der Woiwodschaft Ostroleka, nördlich von Warschau, gebracht, wo sie in einer Anlage der polnischen Armee verbrannt werden sollten. Die dabei entstehenden Schwermetalle sollten nach Aussage eines Sprechers des Umweltministeriums aus der Asche gefiltert und gebunden endgelagert, die Batterien einbetoniert werden: „Nur mit zwei Fässern mit PCB-haltigen Abfällen wissen wir nicht weiter.“
Zu der Verbrennung kam es allerdings nicht, da polnische Bauern aus Angst vor einer eventuellen Verseuchung ihrer Anbauflächen durch den Rauch das praktisch unbewachte Militärgelände stürmten und die Verbrennungsanlage in Kleinholz verwandelten. Sachschaden: ca. 40.000 DM. Der Bürgermeister von Slubow, der die Aktion anführte, erklärte, man habe die Bürger belogen. Es wurden Gerüchte verbreitet, der Müll sei radioaktiv. Während sich die Bauern mit einer erneuten Demonstration gegen den Verbleib der 549 Fässer in der Ortschaft wehrten, betonte das Umweltministerium, das Militärgelände sei aufgrund seiner Beschaffenheit der einzig sichere Unterbringungsort für den Giftmüll. Das Militär hat nach Zeitungsmeldungen jedoch kein Geld für den Wiederaufbau der Anlage. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die Urheber des Aufruhrs.
Klaus Bachmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen