: Mein braver Freund Ben
■ Ben Johnson, der geständige Dopingsprinter - seine Läuterung und Parkplatzprobleme
Kacke! Wieder mal kein Parkplatz in Sicht. Selbst im absoluten Halteverbot: alles besetzt! Es ist schon ein Kreuz mit dem modernen Automobilismus - vom sterbenden Wald mal ganz abgesehen. Logisch, daß da jeder froh ist um die ganz individuelle Lösung des Problems.
Ben Johnson etwa ist ein glücklicher Mensch. Ben wer? Johnson, ja, genau der. Dem sie, kaum daß er die 100 Meter in 9,79 Sekunden heruntergestampft hat in Seoul, die Goldmedaile wieder wegnahmen. Anabolika - nur zur Erinnerung.
„No dope - no hope“ hat diese Zeitung damals getitelt, und alle fanden das sehr originell. Gemeint war: Ohne Doping wächst uns das Parkplatzproblem in downtown Toronto echt über den Kopf, aber das hat damals niemand so recht verstanden.
Um endlich zur Sache vorzustoßen, wird am besten der Deliquent Johnson zitiert: „Sicher, ich habe Geld verloren. Aber ich hatte auch zu viele Autos, und ich wußte nicht mehr, wo ich den Porsche parken sollte. Also habe ich ihn halt verkauft, ich spare die Versicherungskosten.“
So hat eben der olympische Skandal für den Sünder sein Gutes. Und überhaupt: guter Ben. Ist derartig reuig, daß auch härteste Schöffen und Richter sofort auf Freispruch plädieren. Die Bundesbürger etwa wollen ihn zu drei Vierteln wieder auf der Tartanbahn sehen: große Milde.
Johnson selbst ruft „mea culpa“ und „Ich habe das kanadische Volk betrogen“ und will „eine Schuld abtragen“. Missioniert deswegen Schulkinder und hebt in der Klasse den Finger: „Das Zeug ist, und ich weiß, wovon ich rede, gefährlich.“ Egal ob Kokain, Crack, Anabolika. „Meine Botschaft.“
Also schön, da zeigt einer im Exklusivinterview der Zeitschrift 'Sports‘ viel guten Willen. Hat etwa Pläne, eine Stiftung für unterprivilegierte Sportler zu gründen, und „würde jetzt auch nicht in Südafrika an den Start gehen, nicht für eine Million Dollar: Die müssen erst mal die Rassenbeziehungen klarkriegen.“ Wäre es da nicht etwas spitzfindig, zwischen der Aussage „Ich war ja noch fast ein Kind, als alles anfing“ und dem Satz „1981 war ich der schnellste Jugendliche - ohne Drogen“ einen gewissen Widerspruch zu entdecken?
Wo Ben Johnson doch clean ist jetzt. Absolut. Und „ohne besonderes Training“ in der Halle schneller wetzt als je zuvor. Bleibt also der Traum von der Goldmedaille in Barcelona. Und dann? „Irgendwann kommt auch wieder Geld rein.“ Etwas von den mehr als 15 Millionen Dollar, die in die paar Steroide im Urin gekostet haben.
Gutgläubiger Ben. Denn auch das hat der Reporter gesehen: Einen Manager und einen Trainer und Jungs, die Larry oder Azan heißen und einen fast undurchdringlichen Ring um den Sprinter legen - „eine fürsorgliche Belagerung“ von Geldhaien und anderen obskuren Figuren.
Und weiter? Wenn das Geld wieder läuft wie der flinke Läufer, der 1991 wieder gegen Carl Louis antreten will? Das versprochene Haus für die Mom?
Ein neuer Flitzer, weil der kanadische Sprinter gern auf die Tube drückt, „180, 200 Kilometer schnell“. Guter Ben, sorgloser Ben: „Die Polizei hat mich noch nie erwischt.“
Ach, das wäre doch was: In Barcelona laufen sie 100 Meter, und in downtown Toronto brummt Johnson eine Strafe ab wegen Geschwindigkeitsüberschreitung.
-thöm
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