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Verfassungsschutz Hessen observiert Jugendzentrum

■ Staatsschützer forderte Grundrißpläne des Juzes und Namen

Frankfurt (taz) - Er kam, sah, wollte Pläne - und dann auch noch Namen. Offensichtlich ist das kommunale Jugendzentrum in der Kleinstadt Raunheim am hessischen Untermain für Verfassungsschützer ein besonders schützenswertes Objekt. Der, der am zehnten Juli nicht nur die Grundrißpläne des Juzes „Perla“ haben wollte, sondern den Jugendpfleger auch nach Namen der Mitarbeiter im selbstverwalteten Cafe „Planlos“ gefragt hat, war ein Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz in Wiesbaden. „Im Rahmen der Amtshilfe“ wurde die Information verlangt. Wie der Jugendpfleger erst rund einen Monat später den MitarbeiterInnen des „Planlos“ eröffnete, habe er sich allerdings dagegen gesperrt, daß auch Namen notiert wurden.

Die Jugendlichen, die erst rund einen Monat später von dieser Aktion erfuhren, waren entsetzt. Alleine die Tatsache, daß sich auch junge Leute aus der autonomen Szene an der Bewirtschaftung des Cafe „Planlos“ beteiligten, dürfe doch für den Verfassungsschutz kein Grund sein, das Jugendzentrum präventiv zu observieren, meinte ein Jugendlicher aus dem „Planlos„-Kollektiv.

Der kommunale Jugendpfleger, der den Grundrißplan der „Perla“ an den Verfassungsschutz weitergegeben hat, bekam von seinem sozialdemokratischen Bürgermeister inzwischen einen „Maulkorb“ umgehängt. Und Bürgermeister Haas selbst war zwei Tage lang „nicht zu erreichen“.

Als „bodenlose Frechheit“ bezeichnete das Grünen -Kreistagsmitglied in Groß-Gerau, Wilhelm Junker, das Vorgehen des Verfassungsschutzes. „Wo bleiben da Recht und Gesetz?“, fragte sich Junker, der für seine Fraktion eine parlamentarische Initiative ankündigte. Es müsse jetzt auch geklärt werden, ob der Verfassungsschutz zur Zeit etwa dabei sei, eine neue Datei mit dem Namen „verdächtige Jugendzentren“ anzulegen.

Klaus-Peter Klingelschmitt

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