Die Humboldt-Universität wehrt sich

■ Kritik aus West-Berlin an Berufungspraxis zurückgewiesen / Berufungsabsichten auch „Akte symbolischer Wiedergutmachung“ für frühere Zurücksetzung / Zahlen korrigiert

Berlin. Die Ostberliner Humboldt-Universität hat die in West-Berlin erhobenen Vorwürfe einer nicht durchschaubaren Berufungspraxis für Professoren der Hochschule zurückgewiesen. In einem Brief an den Präsidenten der Freien Universität erläuterte die Ostberliner Uni ihre Berufungspraxis und wies darauf hin, daß die „unbegründeten Vorwürfe“ die anstehende Partnerschaft zwischen beiden Hochschulen stören könnte.

In dem gestern veröffentlichten Schreiben verweist die Universität darauf, daß Vorschläge zur Besetzung von 28 Professoren und 55 Hochschuldozenturen gemacht wurden. Genannte Zahlen einer Berufung von 200 Professoren und Umwandlung von 107 Hochschuldozenten zu Professoren seien unrichtig.

Der Vorwurf, die Uni hätte Stellen nicht ausgeschrieben, sei unbegründet. Zur Ernennung von 47 außerordentlichen Professoren, sechs Honorarprofessoren sowie 39 außerordentlichen Dozenten und 12 Honorardozenten sei keine Ausschreibung notwendig gewesen. Es handele sich um Ehrungen ohne Begründung eines Dienstverhältnisses, meint die Hochschule: „In nicht wenigen Fällen geht es dabei auch um Akte symbolischer Wiedergutmachung für Zurücksetzungen der Betreffenden in der zurückliegenden Zeit.“

Sie verwies darauf, daß die Vorschläge für Festanstellungen von den Fachbereichen erarbeitet wurden und zu jedem Bewerber drei Gutachten eingeholt wurden. Zur Besetzung von sechs Professuren lagen Gutachten von acht Wissenschaftlern aus der Bundesrepublik, West-Berlin sowie ein Gutachten von der Universität Wien vor. Alle Berufungslisten seien öffentlich bekanntgemacht worden.

Auch der Vorwurf, dem Minister seien keine Listen, sondern Einzelvorschläge unterbreitet worden, entspreche nicht den Tatsachen. Für die 27 neu zu besetzenden Lehrstühle seien in neun Fällen mehrfach Vorschläge unterbreitet und insgesamt 41 Kandidaten benannt worden. Für mehrere Lehrstühle hätten keine Mehrfachvorschläge unterbreitet werden können, da es an geeigneten Kandidaten in der DDR mangele, erläutert die Universität. Auch der Vorwurf eines „Berufungsschubs“ wurde zurückgewiesen, da die Einstellungen in einem normalen Rhythmus erfolgten.

Sie verweist darauf, daß im kommenden Jahr an verschiedenen Fachbereichen zahlreiche bundesdeutsche Hochschullehrer tätig werden. Ferner sei der Westberliner Wissenschaftssenatorin mitgeteilt worden, für strategisch wichtige Fächer Neuberufungen möglichst umgehend gesamtdeutsch wie auch international auszuschreiben. Berufungen an der Humboldt-Universität werden künftig nach denselben Regeln erfolgen wie an bundesdeutschen Hochschulen und international üblich.

dpa