: Streit um HMI-Reaktor geht munter weiter
Berlin (dpa/taz) - Im Streit um den Berliner Hahn -Meitner-Reaktor hat gestern die Institutsleitung Druck gemacht. Nach der roten Karte der Westberliner AL -Umweltsenatorin Schreyer für den Forschungsreaktor will die HMI-Direktion die Betriebsgenehmigung für den Reaktor notfalls vor Gericht erstreiten. Das Institut hat jedoch die Hoffnung nicht aufgegeben, daß Momper seiner unbotmäßigen Senatorin doch noch Beine macht und in den nächsten drei Wochen die Genehmigung erteilt. Der Geschäftsführer des HMI, Stiller, sagte am Freitag, daß die Forschungseinrichtung vor dem Gang zum Gericht die Überprüfung der Ablehnung durch die Senatskanzlei noch abwarten werde, wenn dies die Beachtung der Klagefrist zulasse.
Stiller bezeichnete die Ablehnung der Genehmigung als „Unrecht“. Die von Frau Schreyer monierte Entsorgung sei entsprechend den geltenden Grundsätzen gesichert. Wenn die Senatorin den Nachweis der Endlagerung fordere, müsse sie sich an den Gesetzgeber wenden. Für Stiller ist die angestrebte Zwischenlagerung im Ausland ausreichend.
Ohnehin produziere der Reaktor nur wenig radioaktiven Abfall. Insgesamt würden in der Bundesrepublik im Jahr 2000 rund neun Millionen Kilogramm radioaktives Material anfallen. Davon würden, falls der Reaktor in Betrieb gehen könnte, nur 1.500 Kilogramm vom HMI stammen, versuchte Stiller das Entsorgungsproblem herunterzuspielen. Bonner SPD -Forschungsexperten haben unterdessen am Freitag einen „Kompromißvorschlag“ gemacht. Danach soll die umstrittene Anlage mit einer vorläufigen Betriebsgenehmigung für etwa vier Jahre arbeiten. Bis dahin, so erläuterte der SPD -Abgeordnete Wolf-Michael Catenhusen, könnten die Voraussetzungen für eine Umstellung des verwendeten Uran -Materials von hoch auf niedrig angereicherten Brennstoff geschaffen werden.
Dazu wäre ein neues Genehmigungsverfahren erforderlich, das eine spätere direkte Endlagerung des niedrig angereicherten Urans ermöglicht. Catenhusen, Vorsitzender des Forschungsausschusses des Bundestages, schlug vor, ein derartiges Entsorgungskonzept für alle Forschungsreaktoren zu entwickeln. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem forschungspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Josef Vosen, räumte er ein, daß dies zusätzlich zehn Millionen Mark kosten würde.
Catenhusen sagte, sein Vorschlag sei ein Versuch, Nachdenken auch bei der Alternativen Liste (AL) zu erzeugen. Vosen warnte Forschungsminister Riesenhuber (CDU) nachdrücklich davor, unter Wahlkampfgesichtspunkten die Auseinandersetzungen um den Forschungsreaktor „auf die Spitze zu treiben“. Riesenhuber hatte dem Berliner Senat ein Ultimatum gestellt und mit der Streichung aller Gelder gedroht.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen