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"Pechblende"

■ betr.: "Der Niedergang des Hauses Wismut" von Thomas Worm

betr.: „Der Niedergang des Hauses Wismut“ von Thomas Worm,

taz vom 11.8.90

Zur Geschichte der Wismut und des Widerstandes gegen ihre Allmacht gehört auch eine Studie über die ökologischen und medizinischen Risiken der Uranförderung, die 1987 erarbeitet und Anfang 1988 in Umaluf gebracht wurde. Ihr Titel ist Pechblende, ihr Autor heißt Michael Beleites (Gera). Herausgegeben wurde das 64-Seiten-Papier vom Kirchlichen Forschungsheim Wittenberg und dem (ebenfalls kirchlichen) Kreis „Ärzte für den Frieden - Berlin“.

Der Autor ist zoologischer Präparator, also „Uran-Laie“, seine Studie ist aber ein hervorragendes Beispiel dafür, wie ein Betroffener sich in hohem Maße Sachkompetenz autodidaktisch erwerben kann. In Zeiten verordneten Schweigens über die Wismut-Problematik war seine Studie das einzige offene Wort zum Thema; und es ist bewundernswert, wie Beleites zu Zahlen, Vergleichen, Einschätzungen gekommen ist, die doch allesamt tabu waren!

Außerdem würde es eine ganze Krimiserie werden, wenn man die Aktivitäten der Stasi gegen Beleites und gegen die Verurteilung der Pechblende darstellen würde. Beleites hätte wahrlich mehr zu berichten - und spannenderes - als Christa Wolf! Ich denke nur an die gut bewachte Vervielfältigung, die Lagerung und den Abtransport der Hefte in beziehungsweise aus der Privatwohnung von Sebastian Pflugbeil (dem späteren Minister im Modrow-Kabinett). Und ich denke auch an die vielen von der Stasi diktierten Briefe, die Mediziner aus Gera auch an mich (als Mitherausgeber) geschrieben haben - traurige Dokumente -, in denen diese die Inkompetenz des Autors beschwören und die Kirche vor solchen „Scharlatanen“ warnen.

Inzwischen hat Michael Beleites übrigens den Wismut -Sachverhalt erneut in einer kürzeren Studie dargestellt. Wer die erwerben möchte, kann sie beim Kirchlichen Forschungsheim bestellen (Mittelstraße 33, Wittenberg, 4600, DDR). Sie/er sollte seinem/ihrem Bestellbrief vier (oder mehr) Mark in Briefmarken beilegen.

Hans-Peter Gensichen, Kirchliches Forschungsheim Wittenberg (DDR

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