Trügerische Ruhe in Soweto

■ Verstärkter Einsatz von Militär und Polizei / 77 Tote bei Kämpfen zwischen Inkatha und ANC am Wochenende / Das am Donnerstag gegründete Friedensforum hat Arbeit noch nicht aufgenommen

Aus Johannesburg Hans Brandt

Der Einsatz von Militäreinheiten und zusätzlichen Polizeiverstärkungen hat am Sonntag nach drei Tagen blutiger Kämpfe in Soweto, Südafrikas größter Stadt für Schwarze, für Ruhe gesorgt. Die Kämpfe zwischen Bewohnern von Wohnheimen für Wanderarbeiter, zum größten Teil Anhänger der Zulu -Organisation Inkatha, und Einwohnern der angrenzenden Wohngebiete, die meist den Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) unterstützen, dauerten in Soweto bis Samstag abend an. 77 Menschen starben, 417 wurden verletzt. Auch in anderen Wohngebieten für Schwarze rund um Johannesburg kam es am Wochenende erneut zu Kämpfen. Insgesamt sind in der vergangenen Woche über 300 Menschen den Kämpfen zum Opfer gefallen.

Die blutigen Kämpfe haben bei ultrarechten Weißen offenbar zu wachsender Militanz geführt. Protestmärsche von 5.000 Schwarzen in der Goldgrubenstadt Welkom, 250 Kilometer südlich von Johannesburg, und von 20.000 in der Industriestadt Vereeniging, 50 Kilometer südlich von Johannesburg, konnten nur unter Polizeischutz stattfinden. Weiße Extremisten in beiden Städten hatten gewarnt, daß sie gegen die Demonstrationen vorgehen würden. In Welkom riefen schwerbewaffnete Mitglieder der neonazistischen „Burischen Widerstandsbewegung“ (AWB) den Demonstranten Beleidigungen zu, während der Marsch in Vereeniging mit Hilfe von Stacheldraht von den Zuschauern am Straßenrand getrennt wurde.

In Pretoria betonte am Samstag Andries Treurnicht, Führer der ultrarechten Konservativen Partei (CP), daß seine Partei Widerstand leisten werde, wenn die Regierung dem ANC die Macht übergeben sollte. „Die CP steht fest hinter dem Freiheitskampf der Weißen“, sagte Treurnicht vor 1.500 Delegierten auf einem CP-Kongress. „Dieser Kampf wird andauern, bis wir sterben oder gewinnen.“

Ein Friedensforum für Soweto, das nach einem Treffen zwischen ANC-Vizepräisdent Nelson Mandela und dem Minister für Recht und Ordnung, Adriaan Vlok, am Donnerstag abend gegründet wurde, hat seine Arbeit bisher noch nicht aufgenommen. An dem Forum sollten sich Inkatha-, ANC- und Polizeivertreter beteiligen. Doch die verschiedenen Parteien schieben sich noch immer gegenseitig die Verantwortung für die Kämpfe zu.

Zulu-Führer Mangosuthu Buthelezi wies die Vorwürfe, er habe durch die Betonung ethnischer Differenzen den Konflikt geschürt, am Wochenende zurück. Der ANC habe nach seinen Aussagen wiederholt das Zulu-Reservat Kwa Zulu angegriffen. „Die Menschen sind entrüstet über die Propaganda des ANC“, sagte Buthelezi. „Der ANC schürt das Feuer der Entrüstung der Zulus - und das sage ich als Warnung, nicht als Aufruf zur Gewalt.“ Der ANC wies diese Vorwürfe seinerseits zurück und betonte, daß die Polizei oft zugunsten von Inkatha in die Kämpfen eingegriffen habe. Dafür gebe es zahlreiche Indizien.