: BND-Belastungszeuge haftverschont
■ Sollen Ex-Chefs von BKA und BND von den Aussagen des Irakers geschützt werden?
Berlin (taz) - Völlig überraschend ist der erst 1988 zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilte irakische Waffenhändler Abdul Moneim Jebara aus der Haft im bayerischen Landsberg entlassen worden. Er bekam die Auflage, Bayern heute um Mitternacht zu verlassen. Wie die taz am 13. August ausführlich berichtete, hatte Jebara den ehemaligen Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND) und heutigen Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Klaus Kinkel, sowie den Expräsidenten des Bundeskriminalamtes, Heinrich Boge, in einem im März dieses Jahres eingestellten Ermittlungsverfahren gegen die Hamburger Firma Wenzel Hruby schwer belastet. Gegen die Firma wurde wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz ermittelt.
Jebara war in den 70er und 80er Jahren der zentrale Verbindungsmann zwischen Geheimdienst und Regierung in Bagdad auf der einen und BND und anderen BRD-Behörden auf der anderen Seite. Bei der vom BND vermittelten Lieferung von 600 Maschinenpistolen sowie GSG-9-Ausbildungshilfe an den Irak Anfang der 80er Jahre spielte Jebara nach eigenen Aussagen eine zentrale Rolle. Abgewickelt wurde das Geschäft über die Hamburger Firma Wenzel Hruby. Nach Darstellung Jebaras, die sich mit Aussagen des an dem Geschäft ebenfalls beteiligten leitenden Münchner Polizeidirektors Willi Schmutterer decken, waren Kinkel und Boge an Anbahnung und Abwicklung des Geschäftes beteiligt. Kennengelernt hatten sich Boge und Jebara nach Schmutterers Aussagen 1980 bei einer gemeinsamen Reise der drei nach Bagdad zum damaligen irakischen Polizei- und späteren Geheimdienstchef Al Barak. Bei diesem Treffen wurden die Lieferungen von Waffen und Ausbildungshilfe abgesprochen. Kinkel soll nach Aussagen von Jebara und Schmutterer den Kontakt zur Lieferfirma Wenzel Hruby hergestellt haben. Bei einem Besuch des irakischen Innenministers Sadour Shakir am 24. April 82 soll Kinkel nach Aussage des damals als Dolmetscher fungierenden Jebaras dafür gesorgt haben, daß Shakir 75 Pistolen und 90 Revolver der Münchner Waffenfirma Krausser unbehelligt in seinem Privatjet laden und nach Bagdad ausfliegen konnte.
Jebara wurde 1986 wegen einer anderen Waffenschieberei verhaftet. Als er seinen „guten Freund“ (Jebara) Boge zu sprechen verlangte, verweigerte dieser den Kontakt. 1988 wurde der Iraker zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. Im November 89 drohte er laut 'Quick‘: „Sie haben schon Angst vor meiner Entlassung, denn dann werde ich schon auspacken.“ Gegen den Verdacht, hier solle ein Zeuge, der Kinkel und Boge belastet, abgeschoben werden, wehrte sich der zuständige Oberstaatsanwalt Heinz Stocker mit dem Hinweis, bei Ausländern sei eine Abschiebung nach zwei Dritteln der Haft üblich.
Andreas Zumach/Anja Juhr
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